Samstag, 28. Juli 2007

Kriege, Diktatur, Inflation, Wirtschaftzusammenbruch!

von Norbert Nelte

Ursprünglich hatte die USA die Fortsetzung der Ölkriege sich für das Frühjahr 2007 vorgenommen. Dann stellte sie aber die gewaltige Militärmacht des Irans fest, 1 Millionen Soldaten, eine Luftwaffe, die 4 mal so groß ist wie die irakische und die modernste Raketenabwehr aus Russland. Also musste sie erst bis jetzt schon die halbe Flotte in den Persischen Golf bringen und fängt schon mal mit der Aufteilung des Nahen Ostens jetzt erst an einer schwächeren Stelle an in Pakistan:

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,495936,00.htmlSchließlich will Amerika denen im Süden Belutschistan abtrennenund im Norden Kaschmir an Afghanistan angliedern (Siehe Karte unten
vom Pentagon ausArmed Forces Journal AFJ)


Nun ist aber noch etwas dazwischen gekommen. Die US-Wirtschaft droht zusammenzubrechen, noch in diesem Sommer. Die USA hat ein Leistungsbilanzdefizit von bald 9 Billionen. China hat 200 Milliarden Dollar-Staatsanleihen für seine Geschäfte in Afrika verkauft und Iran hat die Ölverkäufe von Dollar auf €uro- und Tuman-Basis umgestellt. Da fiel der Dollar um 2 Cent auf 1.38 für 1 €uro. Ab 1,40 gibt es kein Halten mehr. Also, wer ist der nächste beim Dollar-Schneeball-Wettcasino? Dem Mittelstand werden die Häuser weggepfändet und viele Kreditbanken stehen kuz vor der Involvenz derweil der künftige Diktator noch einmal 240 Mrd. für den Krieg sich geeliehen. Das Europäische Wirtschaftsinstitut GEAB meint, die Krise kommt noch diesen Sommer.

Krise-Sommer-2007-Die-US-Zentralbank-verliert-die-http://www.leap2020.eu/GEAB-N-16-ist-a
ngekommen!-Umfassende-weltweite-Kon­trolle-
über-die-US_a7 21.html?PHPSESSID=c9ca054cf41d0b14adf10142906525bb

Also braucht es schnell einen Buhmann, und das ist al-Ciada, die bösen, bösen Moslems. Der ehemaliger republikanische Senator Rick Santorum:

"Den Iran zu konfrontieren, ist ein absoluter Dreh- und Angelpunkt für unseren Erfolg in der Region. 9/11 hat ge­zeigt, dass die Islamisten die Weltregion dort erobern wollen und bald vor unserer Haustüre stehen werden. wenn wir sie nicht aufhalten. Zwischen jetzt und November wird viel geschehen, was die öffentliche Meinung diesen Krieg betreffend sehr verändern wird, wegen solcher Begebenheiten, wie wir sie derzeit in UK sehen."

Vor November soll das Szenarium zum Krieg also anfangen. Die wollen doch uns alle ein X für ein U vormachen, für blöd verkaufen. Die Amis stehen mit ihrer halben Flotte vor deren Haustür und wollen uns das von den bösen Islamisten einreden. Das sieht doch ein Blinder mit dem Krückstock, dass der CIA hinter den Anschlägen stecken wird, und das wird auch sicher Blut kosten, wenn es die Kriegsmüdigkeit unserer amerikanischen Kollegen wegblsen will.

http://www.globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=6279

Aber halt, die Wirtschaft geht ja noch schneller kaputt. Die USA veröffentlicht nicht mehr, wie viel Dollar sie druckt. Offiziell geht sie von 6% Preissteigerung aus, Kenner von 8-10%. 3 Hedgefonds zusammengebrochen

http://www.leap2020.eu/Der-amerikanische-Fianzsektor-
geht-bereits-bankrott-heute-Ownit,-Mortgage-USA-Lenders,-demain-Ameriquest,- Wells-Fargo,_a783.html

US-Witschaft: „Ein reines Potemkinsches Dorf aus gefälschten Statistiken und zusammenbrechender Realwirtschaft."

http://www.hartgeld.com/ oder http://www.hartgeld.com/time-out.htm

„Die Privatverkäufe bei den Autoherstellern sind um fast 30 Prozent in den ersten 4 Monaten 2007 eingebrochen."

http://www.focus.de/auto/autoaktuell/automarkt_aid_57026.html

Der Kapitalismus ist am Ende, in 20-30 Jahren ist er tot, mausetod. Wir brauchen den vernünftigen Plan von unten ohne Konkurrenz. Der weltbekannte, und renommierte Multimilliardär, Julian Robertson sieht die Finanzwirtschaft in ein totales Chaos stürzen, und er sprach vom Zusammenbruch der Infrastruktur, und jeglicher staatlichen Ordnung. Die Welt ist dann voller Somalias, es sei denn, die Lohnabhängigen nehmen das Ruder in ihre Hand.

http://www.wallstreet-online.de/community/thread/985436-1.html

Also müssen die Anschläge und der Krieg auch schneller kommen, sagt sich Bush und seine Freunde in Europa. US Minister für Heimatschutz Michael Chertoff warnt, dass die USA noch vor den Wahlen 2008 angegriffen werden. Wohl noch in diesem Sommer. Er hätte da so ein "Gefühl im Bauch" ("a gut feeling"). Noch so einer mit seltsamen Gefühlen. Das war doch eher Ergebnis der gemeinsamen Beratung der Ober-gangster.

http://weblogs.chicagotribune.com/news/politics/blog/2007/07/expert
_chertoff_gut_feeling_co.html

Vize-Admiral A.D. Ulrich Weisser (ehem. Leiter des Planungsstab) im KstA am 5. Juli 2007:
"Nun treibt der demokratisch bestimmte Kongress ein Sofortprogramm für mehr als 15.000 solcher Fahrzeuge [panzergeschützte Fahrzeuge] voran, und die demokratischen Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur plädieren dafür, das Heer und das Marine-Korps um mehr 100.000 Soldaten zu verstärken." Also nichts mit Truppenabzug, sondern Erweiterung. Klar bleibt die US-Besatzungsarmee im Irak, das weiß sogar der Spiegel:

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,496198,00.html

Der ehemalige Präsientschaftskandidat der Republikaner Pat Buchanan sagt: „Wenn Bush nur die Atomreaktoren bombardieren will, dann bräuchte er nicht drei Flugzeugträger im Persischen Golf. [50% aller US-Kriegsschiffe]

http://www.worldnetdaily.com/news/article.asp?ARTICLE_ID=56705

Na ja, wer sagts denn, und bei so viel Tobak darf natürlich die Diktatur auch nicht fehlen:

http://www.gerhard-wisnewski.de/modules.php?name=News
&file=article&sid=400

Originaldekret vom Weißen Haus. (Ist das Link verboten, lieber Verfassungsschutz?)

http://www.whitehouse.gov/news/releases/2007/05/20070509-12.html

Ex Finanzminister-Vize Paul Roberts verrät uns jetzt Bushs Putsch-Plan!

Der frühere stellvertretende Finanzminister unter Reagan, Paul Roberts, warnt vor einem Putsch, der sich in der Vorbereitung befindet.

Um den ansonsten bevorstehenden totalen Machtverlust zu verhindern, beabsichtigten Bush und führende Mitglieder der republikanischen Partei die Errichtung einer Diktatur durch Ermächtigungsgesetze. Legitimiert werden solle dies durch die Vortäuschung islamistischer Terroranschläge. [Das Dekret dafür hat er sich bereits ausgestellt./ Vgl. Wisnewski]

Roberts erwartet, dass Bush, Cheney und ihre Anhänger nicht bereit sind, freiwillig von der politischen Bühne durch ihre Abwahl entfernt zu werden.

Sie würden, wie viele andere Regierungen vor ihnen - er erwähnt das Zarenregime und die Ausbeutung des Reichtagsbrandes durch Hitler für das Ermächtigungsgesetz - einen "false flag terrorism", also einen unter falscher Flagge inszenierten Terrorismus benutzen, am nach einem folgenschweren Attentat den "nationalen Notstand" auszurufen, die Verfassung ausser Kraft zu setzen, die Wehrpflicht einzuführen, und dann den lange vorbereiteten Krieg gegen den Iran zu führen.

Für einen solchen Anschlag könnten vom Geheimdienst infiltrierte und gesteuerte Zellen der Al Qaida benutzt werden oder man verschaffe solchen Gruppen die Gelegenheit, durch Unterlassung von Ermittlungen und Sicherheitsvorkehrungen, einen großen Anschlag durchzuführen, ähnlich, wie dies bereits für den Zeitraum im Vorfeld der Ereignisse des 11.9. in den späteren Untersuchungen festgestellt worden war. Der englische Journalist Greg Palast hatte damals in einer Sendung der BBC festgestellt, dass übergeordnete Stellen Ermittlungen des FBI und der CIA gegenüber der Al Qaida weitgehend zum Stillstand gebracht hatten und etwa ein amerikanischer Konsularbeamter im Mittleren Osten darüber klagte, dass er angewiesen sei, Arabern, die er für terrorismusverdächtig hielt, Visa zur Einreise in die USA zu erteilen.

Nach Roberts müssten die Anschläge müssten entsprechend folgenschwer sein, damit die Ausrufung des Notstands und der Kriegseintritt durch sie gerechtfertigt würden.

Paul Roberts sieht die einzige Möglichkeit, eine solche Dynamik mit der Errichtung einer Diktatur durch die gegenwärtige Regierung, zu verhindern durch das Eingreifen des Militärs: die Gesetzgebung für einen "nationalen Notstand" sei unter der Bush-Regierung längst vorbereitet worden, so dass sämtliche Entscheidungsgewalt dann beim Präsidenten liege und der Kongress keine Einwirkungsmöglichkeit mehr habe. Es fehle nur noch der geeignete Anlass.

Die Möglichkeit, dass durch einen Terroranschlag die Stimmung wieder zugunsten der Republikaner und der Bushregierung kippen könne, war bereits in führenden Kreisen der Regierungspartei diskutiert worden.
Der republikanische Politiker Rick Santorum erklärte, man solle nur abwarten: bis zu den kommenden Wahlen würde sich die Stimmung den Krieg betreffend deutlich gedreht haben.

William Norman Grigg, Journalist des konservativen Magazins "New American", beschrieb die Lage bei den Parteifreunden der Bush-Regierung: man würde dort darum beten dass es einen neuen Terroranschlag gebe, der sie wieder aus dem Keller der politischen Stimmung herausführen und sie damit vor dem endgültigen Desaster bei den bevorstehenden Wahlen bewahren könne.

Paul Roberts erklärt, die Bush-Regierung habe in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass ihr nahezu jedes Mittel - Lügen, Manipulation, Gesetzesbruch - recht sei, um ihre Ziele zu erreichen

Wenn man sich nicht darauf verlassen wolle, dass das US-Militär sich einem solchen Putschversuch der Regierung entgegenstelle, müsse man umgehend ein Impeachment-Verfahren gegen sie einleiten.

Originalartikel bzw. ergänzende Info

http://www.counterpunch.org/roberts07162007.html

Aus dem Ermächtigungsgesetz

„(Der Präsident) darf Eigentum enteignen, die Produktionsmittel organisieren und kontrollieren, Güter beschlagnahmen, Militärkräfte ins Ausland schicken, das Kriegsrecht ausrufen, Transport- und Kommunikationsmittel beschlagnahmen und kontrollieren, die Handhabung der privaten Wirtschaft regulieren, die Reisefreiheit einschränken, und in einer Vielzahl von Weisen, das Leben der Bürger der Vereinigten Staaten kontrollieren."

Ich danke Francis Byrne und Horst Hilse für die Links und die Übersetzungen

Sonntag, 22. Juli 2007

Mordechai Vanunu von israelischem Gericht wieder ins Gefängnis gesteckt

Mordechai Vanunu verbrachte 18 Jahre hinter Gittern, weil der die Weltöffentlichkeit über das geheime israelische Atomwaffenprogramm aufklärte. Am vergangenen Montag, den 2.7.2007, wurde er von einem israelischen Gericht wieder zurück ins Gefängnis geschickt, weil er das „Verbrechen“ begangen hatte, mit Ausländern zu sprechen.

Vanunu wurde inhaftiert, weil er gegen Bewährungsauflagen verstoßen hatte, die seit seiner Freilassung im Jahr 2004 gelten. Ihm war verboten, das Land zu verlassen, mit Ausländern ohne Erlaubnis zu sprechen und die Westbank zu betreten.

Seine Verteidiger kritisieren das Urteil. „Vanunu ist für die Übertretung eines Gesetzes bestraft worden, das es in keiner anderen Demokratie gibt. Er darf nämlich nicht mit Ausländern sprechen, unabhängig vom Inhalt des Gesprächs“, sagte sein Anwalt Avigdor Feldman.

Vanunu war Nukleartechniker am Negev Nuklear-Forschungszentrum. Er wurde 1986 von israelischen Agenten entführt, nachdem er Journalisten der britischen Sunday Times die Wahrheit über das israelische Programm für Nuklearwaffen enthüllte.

Er verbrachte 18 Jahre in Haft weil er geredet hatte; die meisten Jahre in Haft verbrachte er in Einzelhaft. Nach seiner Entlassung setzte er sich weiterhin für Frieden ein. Er sprach sich gegen die „Apartheid-Mauer“ Israels aus und für Solidarität mit den Palästinensern. So trotzte er bis jetzt den Versuchen des israelischen Staates, ihn zum Schweigen zu bringen.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von der Homepage der britischen Zeitung ‚Socialist Worker‘
http://www.socialistworker.co.uk/art.php?id=12344

Ein sehr interessantes Interview – auf Englisch - mit Mordechai Vanunu aus dem Jahr 2004 gibt es zu lesen auf:
http://www.socialistworker.co.uk/art.php?id=2463

Oaxaca – Solidarität gegen erneute brutale Angriffe - Rundbrief Juli 2007


Liebe Freundinnen und Freunde der basisdemokratischen Rätebewegung in Oaxaca,
Mexiko!

Erneut wurde die friedliche und basisdemokratische Bewegung in Oaxaca, Mexiko brutal von der Polizei des tyrannischen Gouverneurs Ulises Ruiz Ortiz angegriffen.
Im Rahmen des alternativen Volksfestes „Guelaguetza Popular“ versuchten Demonstranten ein Stadion zu blockieren, in dem ein touristisches Folklorefestival veranstaltet wurde. Die Blockade wurde von massiven Polizeikräften brutal mit Tränengas und Schlagstöcken verhindert. Es wurden 50 Menschen festgenommen und 40 Demonstranten verletzt. Ein Demonstrant schwebt nach Folter und Mißhandlung in Lebensgefahr.
Einen kurzen Überblick gibt es auf:

http://www.jungewelt.de/2007/07-18/038.php

Und weitere kurze Berichte auf:
http://de.indymedia.org/2007/07/188290.shtml

http://de.indymedia.org/2007/07/188223.shtml

http://de.indymedia.org/2007/07/188259.shtml

Bericht und Fotos vom Trauermarsch für die Verletzten und Verhafteten:
http://de.indymedia.org/2007/07/188408.shtml

Weitere Fotos gibt es auf:
http://oaxacaenpiedelucha.blogspot.com/2007/07/tomado-del-periodico-noticias.html

Auch Radio FREI hat über Oaxaca berichtet. Hier der Link:
http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=18087

Eine Liste von Verletzen und Verschwundenen gibt es auf:
http://www.solidaridadconoaxaca.blogspot.com

Einen kurzen Filmbeitrag des Schweizerischen Fernsehens gibt es auf:
http://tagesschau.sf.tv/nachrichten/archiv/2007/07/17/international/dutzende_verletzte_bei_unruhen_in_oaxaca

Am Mittwoch, den 25.7.2007 trifft sich das Oaxaca Solidaritäts-Komitee, u.a. um einen Protest gegen die erneute Repression zu planen. Wer Lust hat, mitzumachen, ist sehr gerne eingeladen.
Ort: Buchladen "Le Sabot" in der Breiten Straße 76 in der Bonner Altstadt.
Oder Ihr plant etwas in Eurem Ort.

Weitere Infos:
Viele US-Soldaten sind Mexikaner, die auf einen Aufenthaltsstatus in den USA hoffen, schreibt Mumia Abu-Jamal in dem Artikel „Gefallene zweiter Klasse“ in der Jungen Welt:
http://www.jungewelt.de/2007/07-07/025.php

In Peru kämpfen Lehrerinnen und Lehrer, Bauarbeiter und Bauern. Mehr als 300.000 Lehrkräfte sind in den Streik getreten. Es werden bessere Arbeitsbedingungen sowie die Einhaltung von Wahlversprechen der
neuen Sozialdemokratischen Regierung unter Alán García.
http://www.jungewelt.de/2007/07-17/005.php

Basisdemokratie statt Bonzenherrschaft!

Viele Grüße aus Köln,
Francis

Samstag, 21. Juli 2007

Nachrichten von der Front und von der Etappe


Vize-Admiral A.D. Ulrich Weisser (ehem. Leiter des Planungsstabes also Chefstratege der Bundeswehr) im KstA am 5. Juli 2007:

„Nun treibt der demokratisch bestimmte Kongress ein Sofortprogramm für mehr als 15.000 solcher Fahrzeuge [panzergeschützte Fahrzeuge] voran, und die demokratischen Bewerkber um die Präsidentschaftskandidatur plädieren dafür, das Heer und das Marine-Korps um mehr 100.000 Soldaten zu verstärken.“
Leider nicht online im Web.

Ehemaliger Präsientschaftskandidat der Republikaner Pat Buchanan sagt:
Wenn Bush nur die Atomreaktoren bombardieren will, dann bräuchte er nicht drei Flugzeugträger im Persischen Golf.
Er erwartet eine Art Tonking Zwiswchenfall Nr. 2.
http://www.worldnetdaily.com/news/article.asp?ARTICLE_ID=56705

US Minister für Heimatschutz Michael Chertoff warnt, dass die USA noch vor den Wahlen 2008 angegriffen werden. Wohl noch in diesem Sommer. Er hätte da so ein „Gefühl im Bauch“ („a gut feeling“).
http://weblogs.chicagotribune.com/news/politics/blog/2007/07/expert_chertoff_gut_feeling_co.html

Donnerstag, 19. Juli 2007

Staatskapitalismus im Visier des Humors

Das alte Mütterchen und der Staubsauger

Ein altes Mütterchen kommt in ein großes Moskauer Kaufhaus.
Verkäuferin: „Na, Mütterchen, was möchtest du?“
Mütterchen: „Ich möchte einen Staubsauger.“
Verkäuferin: „Wir haben schon lange keine Staubsauger mehr. Du musst mal in den
Rayon (Russische Verwaltungseinheit) fahren, wo die Dinger hergestellt werden!“
Mütterchen: „Aber da komme ich doch her!“
Verkäuferin: „Dann versuch es mal in der Stadt, in der sich die
Staubsaugerfabrik befindet.“
Mütterchen: „Aber ich wohne doch in dieser Stadt.“
Verkäuferin: „Musst es eben direkt in der Fabrik versuchen.“
Mütterchen: „Aber ich arbeite doch selbst in der Fabrik.“
Verkäuferin: „Und da hast du keinen Staubsauger? Na, Mütterchen, du musst halt
jeden Tag ein kleines Teilchen mit nach Hause nehmen und dann zusammenbauen!“
Mütterchen: „Aber das habe ich doch schon ein paar Mal gemacht!“
Verkäuferin: „Und weshalb hast du kann noch keinen Staubsauger?“
Mütterchen: „Na, ja. Immer wenn ich fertig war, hatte ich eine Kalaschnikow!“

Samstag, 14. Juli 2007

Kapitalismus am Abgrund



Weltwirtschaftskrise und Krieg drohen
Experten befürchten finanzpolitischen Tsunami

von: Francis Byrne

Die Welt steht am Abgrund von zwei eng miteinander verknüpfter Katastrophen. Die USA, der Motor der Weltwirtschaft, ist heillos überschuldet. Die Regierung Bush hat so viel Schulden angesammelt, wie alle Regierungen seit der Unabhängigkeit von 1776 zusammen. Täglich müssen die USA sich mehr als 2 Milliarden Dollar leihen, um ihre Wirtschaft weiterführen zu können; zurückzahlen können sie ihre Verbindlichkeiten nicht. Experten befürchten einen finanzpolitischen Tsunami, der die Weltwirtschaft in den Abgrund reißen könnte.

Die Herrschenden in den USA werden von einer weiteren drängenden Herausforderung geplagt: Aufgrund seines rasanten Wachstums, droht China die USA in wenigen Jahren wirtschaftlich überholt zu haben. Es steht ein gewaltiger Umbruch in der imperialistischen Weltordnung bevor.

Nur wer die unlösbare ökonomische Zwickmühle der herrschenden Klasse in den USA erfasst, kann die Zusammenhänge von Handelsbilzanzdefizit, Überschuldung, imperialistischem Machtverlust und permanenter Kriegsführung verstehen. Nur mit einem Verständnis für die drohende Schärfe der kommenden Krise und der nächsten Kriege kann die Linke weltweit die Eskalationsstrategie der USA durchschauen und muss sich nicht von Täuschungsmanövern und Wahlversprechen möglicher Präsidentschaftskandidaten ablenken lassen.

Der amerikanische Vizepräsident Cheney sprach von 20, 30 oder gar 40 Jahren Krieg.
(1) Wir müssen diese Drohung ernst nehmen. Die Strategie der USA zielt offen auf eine permanente Eskalation des Krieges.
Auf eine „sanfte“ oder kontrollierte Ablösung der USA als „Weltmacht Nummer Eins“ kann man nicht hoffen. Bei der riesigen Staatsverschuldung würde die USA nicht nur einfach auf Platz zwei abrutschen, sondern schnell auf tiefere Ränge fallen und die ganze Weltwirtschaft in einen Abwärtssog mit sich reißen. Die herrschende Klasse der USA mit ihrer Galionsfigur George W. Bush setzen all ihre Hoffnungen auf einen permanenten und eskalierenden Krieg, um ihre drohende Ablösung abzuwenden. Die von Rosa Luxemburg aufgezeigte Alternative zwischen „Sozialismus oder Barbarei“ stellt sich stärker denn je.

Drohende Katastrophe Nummer Eins: Die drohende Weltwirtschaftskrise

Die USA sind heillos überschuldet. Die Staatsverschuldung beträgt 8,8 Billionen Dollar (in diesem Artikel wird durchgängig die deutsche Schreibweise benutzt. US-Schreibweise bei dieser Summe: 8,8 Trillion) und wächst jährlich um etwa 10 Prozent. Zu den 8,8 Billionen Dollar Staatsverschuldung kommen noch weitere 42 Billion Dollar Schulden von Bundesstaaten, Kommunen und Privathaushalten. (2) Jeder US-Bürger, der neu auf die Welt kommt, wird mit 130.000 Dollar Schulden geboren.

Die Grafik „National Debt from 1940 to Present“ zeigt den Anstieg der Staatsverschuldung seit 1940 auf 8,5 Billionen Dollar im Jahr 2005.


Wesentlicher Grund für die immense Verschuldung ist ein rasch wachsendes Handelsbilanzdefizit. Noch 1990 betrug das Defizit etwa 100 Mrd. Dollar; in den letzten Jahren ist es immens gewachsen: Im Jahr 2000 auf 400 Mrd., 2001 auf 380 Mrd., 2002 auf 430 Mrd. Dollar. Ab 2003 beschleunigte sich das Minus in der Handelsbilanz noch mal und wuchs auf 500 Mrd., 2004 auf 620 Mrd., 2005 auf 720 Mrd. und 2006 auf 764 Mrd. Dollar.

Das heißt, im Jahr 2006 hat die Volkswirtschaft der USA insgesamt 764 Mrd. Dollar mehr ausgegeben (beziehungsweise konsumiert), als eingenommen (beziehungsweise exportiert). Die Wirtschaft der USA läuft also immer mehr auf Pump und muss sich täglich mehr als 2 Mrd. Dollar aus dem Ausland – im wesentlichen von China und Japan – leihen. Dies geschieht in Form von Staatsanleihen mit einem wachsenden Zinssatz. Es funktioniert also in etwa so, wie ein Schneeballsystem.

Die Antwort der US-amerikanischen Notenbank ist die Flucht in die Geldentwertung, die Inflation. Die Dollar-Druckmaschinen laufen auf Hochtouren. Zwischen März 1959 (290 Mrd. Dollar) und Juni 2002 (8,2 Billionen Dollar) hat sich die Geldmenge M3 (im wesentlichen handelt es sich hierbei um Bargeld, Sparanlagen, Terminanlagen, Geldmarktpapieren und Geldmarktfonds) ver-28-facht. Das Bruttosozialprodukt hat sich aber im gleichen Zeitraum nur vervierfacht (1959 betrug es 2,2 Billionen Dollar, 2002 9,3 Billionen Dollar).
Derzeit belaufen sich die Schätzungen der Geldsumme M3 der USA auf ca. 10 Billionen Dollar. Tatsächlich kann man den Betrag nur schätzen, da die Notenbank der USA die Zahl der neugedruckten Dollars seit März 2006 nicht mehr veröffentlicht. Die Inflation in den USA ist zum Staatsgeheimnis geworden!

Der neue Notenbankchef Ben Bernanke wird zitiert mit den Worten:
"Die US-Regierung besitzt eine Technologie, Druckerpresse genannt, die es erlaubt, so viele Dollars herzustellen, wie sie wünscht und das im Wesentlichen ohne großen Kostenaufwand."
(3)

Das bedeutet, dass es einen riesigen Substanzverlust der amerikanischen Wirtschaft gibt. Denn die Geldsumme steigt nur aufgrund der Kreditvergabe der Banken und nicht aus der realen Wertschöpfung. Der Geldwert wächst, die realen Werte nicht. Trotz leichtem Wirtschaftsaufschwung verliert der Dollar gegenüber anderen Währungen immer mehr an Wert. Kostete der Euro noch im Januar 2000 nur etwa 0,90 US-Dollar, so muss man jetzt für einen Euro schon 1,346 US-Dollar hinblättern. Das ist ein Wertverlust von fast 50 Prozent innerhalb von wenigen Jahren.

Viel Kapital aber kleine Profitrate

Im Zentrum der Krise steht die Frage nach dem tendenziellen Fall der Profitrate. Tatsächliche Werte können nur durch lebendige Arbeit geschöpft werden. Der Konkurrenzdruck des Kapitalismus zwingt die Firmen aber, beständig Gewinne in neue arbeitssparende Maschinen zu investieren. Dies verringert aber den Anteil der lebendigen Arbeit. Dieser Effekt setzt sich bei allen konkurrierenden Kapitalisten durch und schmälert mittelfristig ihre Profite. Rationalisiert der einzelne Kapitalist nicht, dann fliegt er aus dem Rennen, da seine Konkurrenten billiger produzieren und verkaufen können. Kurzfristig konnten sich die Unternehmen einen Konkurrenzvorteil verschaffen, indem sie in Billiglohnländern wie China produzieren ließen. Doch auch hier setzt sich der Druck auf die Profitrate durch. (4)

Derzeit gibt es riesige Kapitalsummen auf der Suche nach profitträchtigen Investitionsmöglichkeiten. Jeden Tag umkreisen 2 Billionen Dollar Kapital auf der Suche nach profitträchtigen Investitionsmöglichkeiten den Erdball. Da sich eine Investition in die Produktion realer Werte kaum mehr rentiert, hat das Kapital die Strategie der Heuschrecken entdeckt. Diese setzen auf den Kauf und Verkauf von Firmen, bei denen sie die Lohnkosten dramatisch absenken (wie Blackstone bei der Telekom), die sie dann zerschlagen, aufteilen und zu einem überdurchschnittlichen Profit weiterverkaufen. Oder sie kaufen Wohnsiedlungen auf, kassieren die Mieteinnahmen, lassen aber die Wohnungen verkommen. Doch auch in diesen Übernahmen und Verkäufen hat sich eine Spekulationsblase gebildet, die zu platzen droht. Die Übernahmeobjekte werden nämlich nach der Zerschlagung an die nächste Heuschrecke weitergereicht, welche die gleiche Prozedur noch extremer wiederholt. Auf diese Weise sinken die Profite, die sich aus dieser Zerstörung von Werten ergibt, ganz schnell.

Es gibt eine riesige Spekulationsblase, weil die Investoren nicht wissen, wo sie mit ihrem Geld noch Profite erzielen können. Kaufen, übernehmen, zerschlagen, weiterverkaufen etc. – die Spekulationsblasen in der allgemeinen Aufschwunghysterie entstehen, weil der Kontakt zu den realen Werten schon längst nicht mehr vorhanden ist.
So warnt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, (BIS - das ist die gemeinsame Bank der Zentralbanken der westlichen Industrienationen), vor einem Absturz vergleichbar mit der großen Depression der 30er Jahre, der aus der „Orgie bei den Krediten“ bzw. der Verschuldung droht. (5)

Auch wichtige Presseorgane des Kapitals weisen schon auf den drohenden Zusammenbruch hin. So schreibt die Washington Post am 12. Juni 2007 über die Blase bei der Schuldenaufnahme für Unternehmensübernahmen:
„Es ist unmöglich vorherzusagen, wann der magische Moment letztlich erreicht wird und jeder endgültig versteht, dass die Preise die für diese Unternehmen gezahlt werden und die Schulden die dafür aufgenommen werden nicht mehr tragfähig sind. Wenn es passiert, wird es nicht hübsch anzusehen sein. In großem Stil werden Aktien und die Werte der Firmen selbst fallen. Banken werden schmerzhafte Ausfälle bekannt geben, manche Hedgefonds werden schließen müssen und Private Equity Firmen werden nur enttäuschende Gewinne erzielen.“
(6)
Die deutsche Zeitschrift ‚Capital’ schreibt am 6.6.2007 unter dem Titel „Amerika steigt ab“ über die USA:
„Das Land hinkt neuerdings beim Wachstum mit Raten von zwei Prozent und weniger hinter Europa und Japan her, von den neuen Stars China, Russland und Indien ganz zu schweigen.
... Zum Beispiel in der Rangliste der Wettbewerbsfähigkeit, die das World Economic Forum jedes Jahr erstellt. Bereits 2006 rutschten die USA von Platz eins auf Platz sechs ab.
... Drei Viertel aller Nationen haben gegenüber Amerika an Wettbewerbsfähigkeit gewonnen.
"Der fiskalische Tsunami lauert direkt hinter dem Horizont", warnt Isabell Sawhill, Ökonomin der Brookings Institution in Washington.“ (7)

Zudem gefährdet eine große Hypothekenblase die amerikanische Wirtschaft. Aufgrund von steigenden Immobilienpreisen haben die Hausbesitzer in den USA ihr Wohneigentum mit hohen Hypotheken belastet und sich mit diesem geliehenen Geld den hohen Lebensstandard geleistet. Allerdings haben sich bis jetzt ca. 6 Billionen Dollar Rückzahlungspflichten angehäuft, von denen ein wachsender Teil auszufallen droht. Sollte diese Hypothekenblase platzen, droht eine riesige Enteignung der kleinen Leute in den USA und ein weiterer Verfall des Dollars.

Der Schuldenberg der privaten und staatlichen Schulden in den USA wächst täglich weiter an. Täglich wird der Schuldenturm höher gebaut; täglich nimmt die Fallhöhe zu; täglich wird der scheinbar starke Turm instabiler und seine Statik schwerer zu stabilisieren. Der Turm wird einstürzen, niemand kann aber sagen wann.
Wenn die Schuldenblase platzt, wird die Erschütterung weltweit zu spüren sein. Auch Deutschland ist mit 1,48 Billionen Euro recht hoch verschuldet; da Deutsche Wachstum beruht auch fast nur auf den Export von Gütern in die USA.
Die Weltbörsen könnten einen Absturz erleben, der mindestens so stark wäre, wie der Absturz von 2000/2001. Die Weltwirtschaft könnte eine Krise erleben, die mit der „großen Depression“ der 1930er Jahre vergleichbar wäre.
Besonders in den USA werden die Auswirkungen platzenden Schuldenblase für die Massen erschreckend sein. Schon jetzt ist die Armut in den USA erheblich. Jeder fünfte Mensch in Amerika lebt von weniger als 7 Dollar am Tag. Das sind etwa 60 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner. (8)
Experten schätzen, dass der Dollar um bis zu 30 Prozent überbewertet ist; der Immobilienmarkt um bis zu 50 Prozent. Beim Platzen der Seifenblase drohen nicht nur in den USA Massenvertreibungen aus den Wohnhäusern, Hungersnot und Elend. Der Lebensstandard der amerikanischen Bevölkerung könnte sich schlagartig um 30 Prozent – bis auf den Standard eines Schwellenlandes wie Mexiko – verringern.

Drohende Katastrophe Nummer Zwei: Der Krieg des Westens gegen den Iran

Vor dem Hintergrund der US-Schuldenkrise versteht man die Strategie der permanenten Kriegsführung der USA besser. Wie weiter oben schon zitiert: Cheney spricht von permanentem Krieg; 20, 30 oder 40 Jahre. Mit den sich weiter entfaltenden Kriegen kann die USA den Absturz zwar nicht vermeiden aber hinauszögern. Für das Kapital sind Kriege immer ein sehr einträgliches Geschäft. Zudem trägt sich Washington mit der Hoffnung, dass eine immer größer werdende Zerstörung auch wachsende Wiederaufbauaufträge für Bechtel und Halliburton und andere Firmen bedeuten. So kann die USA ihren Gläubigern noch die Hoffnung auf zukünftiges Wachstum versprechen. Bei allen Schulden, die aufgenommen werden, verdient das Rüstungskapital in den USA sehr gut. Laut Friedensforschungsinstitut SIPRI haben die USA allein im Jahr 2006 528,7 Mrd. Dollar für Rüstung ausgegeben. Allein für den Irakkrieg betrug der Anteil der Waffenkäufe 2 von den insgesamt 6 Prozent US-Aufschwung.

Wir berichteten an dieser Stelle bereits mehrmals über weitere drohende Kriege im Mittleren Osten. Iran, Syrien und Libanon sind die einzigen Länder im Mittleren und Nahen Osten, die nicht unter direkter oder indirekter Kontrolle des Westens stehen.
Die Strategie der amerikanischen herrschenden Klasse scheint folgende zu sein: Um seine Konkurrenten –insbesondere China - erpressen zu können, will Washington sich so viel der weltweiten Ölreserven wie möglich unter den Nagel zu reißen. Öl ist der Treibstoff des Kapitalismus und der Treibstoff der modernen Kriegsführung. Der US-Militärapparat verbraucht mehr Öl als die gesamte Volkswirtschaft der BRD zusammen. Zudem ist der offiziell so genannte „Krieg gegen den Terror“ ein ideales Mittel, um den Hauptkonkurrenten China aber auch Russland militärisch einzukreisen.

Ein Angriff der USA auf den Iran würde verheerende Auswirkungen auf die Menschen in der gesamten Region haben. Auch besteht die Gefahr, dass ein solcher Angriff nicht regional begrenzt bleibt. Wir können ganz sicher davon ausgehen, dass der Irak, Syrien, der Libanon, Israel, Afghanistan und alle in den jeweiligen Ländern stationierten Truppen – wie Deutschland, Britannien, Kanada etc. – tief in einen solchen Krieg hineingezogen würden. Eine ganze Weltregion droht im Krieg zu versinken. Der drohende Krieg gegen den Iran könnte einen dritten Weltkrieg auslösen; und wieder wäre Deutschland auf Seiten der Aggressoren dabei.
Angesichts der relativen militärischen Stärke Irans haben Washington und Paris sogar mehrmals gedroht, den Iran mit Atomwaffen anzugreifen.

Ein möglicher Vorwand, um einen Krieg gegen den Iran beginnen zu können, wäre eine Eskalation des Bürgerkrieges im Libanon, auf die Israel kriegerisch gegen die Hisbollah und Syrien reagieren könnte.
Schon der Krieg Israels gegen den Libanon war ein Baustein in der Eskalationsstrategie. So gab Israels Regierungschef Olmert vor einer Untersuchungskommission zu, dass der Angriff auf den Libanon im Sommer 2006 schon 4 Monate vor der Entführung der Soldaten (die dann als Kriegsgrund herhalten mussten) beschlossene Sache war. (9)

Für die amerikanische herrschende Klasse gibt – bei drohendem Untergang - keine Alternative zur Kriegseskalation. Zwar tun sich manche „demokratischen“ Präsidentschaftskandidaten wie Clinton oder Obama mit Äußerungen gegen den Krieg im Irak hervor. Doch als Partei sind die Demokraten auf eine Eskalationspolitik festgelegt.

Mit Gesetzen wie der “Präsidialen Direktive über Nationale Sicherheit und Heimatsicherheit“ (The National Security and Homeland Security Presidential Directive) bereiten sich Bush und seine Konsorten auch nach Innen auf Krieg und Wirtschaftskrise vor. Dieses und andere neue Gesetze erlauben es, in einer besonderen Notfallsituation, die Gewaltenteilung in den USA aufzuheben. Legislative, Judikative und Exekutive liegen dann in den Händen des Präsidenten (der dieses Gesetz am 9. Mai 2007 unterzeichnet hat). Dies hebt die amerikanische Verfassung praktisch auf.
Zudem erlauben die neuen Gesetze eine Verlängerung der Amtszeit von George W. Bush beziehungsweise ermöglichen die Ernennung des Vizepräsidenten Dicke Cheney im Falle eines Krieges oder einer anderen Katastrophen.

Bush, Brown, Merkel und Sarkozy singen gemeinsam „den Orwell“ im Chor: „Angriff ist Verteidigung, Krieg ist Frieden, Folter ist Gerechtigkeit, Kritik ist Terror, Unterdrückung ist Freiheit.“

Aber es wird ihnen nichts helfen. Es hilft ihnen nicht Keynes und nicht der liebe Gott. Die Herrschenden mit ihrem Konkurrenzsystem haben die Welt schon genug zerstört. Jetzt drohen noch mehr Hass, Krieg und Wirtschaftskrise.
Wir sammeln uns jetzt im Netzwerk Linke Opposition, um eine Perspektive jenseits von Kapitalismus, Krieg und Zerstörung zu entwickeln. Wir halten die Mitarbeit in Parteien, die wesentlich darauf bedacht sind, das kapitalistische System zu stützen für die falsche Perspektive. Vielmehr sammeln wir uns jetzt um Ideen, die konsequent mit der Konkurrenzlogik brechen. Nur so können wir eine authentische und glaubwürdige Alternative zum herrschenden System aufbauen. Macht mit beim Netzwerk Linke Opposition. Jetzt ist die Zeit!

Ich danke Holger Laatsch und Norbert Nelte für Zahlen und Anregungen zu diesem Artikel.

1 http://www.linkezeitung.de/cms/content/view/2096/249/
2 Auf der Homepage
http://www.brillig.com/debt_clock/
findet sich seine Schuldenuhr, auf der man die täglich aktualisierte Schuldensumme abrufen kann.
3 Zitiert nach „Finanznachrichten“
http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2007-04/artikel-8145343.asp
4 Eine hervorragende Einführung in die marxistische Wirtschaftstheorie und in den tendenziellen Fall der Profitrate findet sich unter
http://www.marktende.de/BUECHER/NORBERT10.PDF
5 http://www.telegraph.co.uk/money/main.jhtml?xml=/money/2007/06/24/cnbis124.xml
6 http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2007/06/12/AR2007061201801_2.html
7 http://www.capital.de/politik/100006845.html
8 http://www.globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=5471
9 http://www.guardian.co.uk/syria/story/0,,2029732,00.html

Neu Beginnen - Schreiben von Linksruck

Quelle:
http://www.internationalersozialismus.de/index.php?option=com_content&task=view&id=81&Itemid=36

Bei einem bundesweiten Treffen von Linksruck am 6./7. April 2007 in Frankfurt am Main, dem „Organisationsrat“, wurde ein Antrag mit großer Mehrheit angenommen, der die Auflösung von Linksruck als selbständige, separate Organisation empfiehlt und zugleich für die Neugründung eines Netzwerks von Marxisten innerhalb der neuen Linken plädiert. Anfang September soll eine Delegiertenkonferenz endgültig über die Auflösung von „Linksruck“ beschließen. Danach findet die Neugründung des Netzwerkes statt. Stefan Bornost, langjähriger verantwortlicher Redakteur von „Linksruck“ und Yaak Pabst, Mitglied der Linksruck Bundesleitung, begründen diese Empfehlung.

Aus der Linkspartei.PDS und der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) entsteht nun die vereinigte Partei „Die Linke“. Damit überwindet die Linke die Trennung in eine vorwiegend westdeutsche und eine ostdeutsche Partei und es entsteht eine linke Alternative zur Sozialdemokratie, die längst ihren Anspruch, die Partei der Arbeiterklasse und der Gewerkschaften zu sein, verspielt hat. Mit Millionen von Wählern, Zehntausenden von Mitgliedern, einer starken Fraktion im Bundestag, einer realen Verankerung in den Gewerkschafts- und anderen sozialen Bewegungen, einem Studierenden- und einem Jugendverband hat die neue Linke eine reelle Chance, den Abwehrkämpfen und dem Widerstand gegen die neoliberale Offensive von Regierung und Kapital eine neue Dynamik zu geben.
Linksruck hat von Beginn an die Bildung einer neuen vereinigten Linken als politische Sammlungsbewegung und breites Bündnis gegen den Neoliberalismus unterstützt.

Krise der SPD - Chance der Linken
Möglich wurde die Neugründung der Linken durch eine tiefe Krise der Sozialdemokratie. Nach einer im Mai von FORSA veröffentlichten Umfrage unter SPD-Mitgliedern überlegt sich jedes dritte Mitglied, die Partei zu verlassen und jedes zehnte erwägt den Übertritt zur neuen Linkspartei. Große Mehrheiten der Parteimitgliedschaft sind gegen die Einführung der Rente mit 67, gegen den Tornado-Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan und gegen die weitere Absenkung der Unternehmenssteuern. Wo immer Sprecherinnen und Sprecher der Linkspartei bei Streikposten sprechen, ist ihnen ein wohlwollender bis herzlicher Empfang sicher.
Ähnlich verlief auch der 1. Mai 2007. So machte die Ausladung von vier SPD-Abgeordneten durch den bayerischen DGB Furore. Begründung: Sie hätten für die Rente mit 67 gestimmt. Im Gegensatz dazu sprachen vielerorts Gewerkschafter aus WASG und Linkspartei auf den Mai-Kundgebungen. Die Tore in die Arbeiterbewegung stehen weit offen für die Linke.
Der Bruch zwischen den Wahlversprechungen im Bundestagswahlkampf 2005 und den Taten in der Großen Koalition unter Angela Merkel ist so schroff, dass die SPD in eine existenzielle Krise zu schliddern droht. Trotzdem wäre es verfehlt, vom Ende der Vorherrschaft der SPD in den Gewerkschaften und der Arbeiterbewegung zu sprechen. Diese Partei hat schon andere, härtere Krisen überstanden und sich dann wieder berappelt. Es reicht auch nicht, die SPD als Betrugspartei zu entlarven. Die Linke wird ihr Potential nur nützen, wenn sie die neue Partei jetzt mit aller Kraft in den Dienst der sozialen und politischen Abwehrkämpfe stellt und dadurch zugleich in den Betrieben, Universitäten, Schulen und Wohnvierteln Wurzeln schlägt. Der Aufbau der Partei zu einer Massenpartei der Arbeiterklasse (zu der wir die lohnabhängig Beschäftigten genauso zählen wir die Erwerbslosen und die große Mehrheit der Rentner und jungen Menschen, die sich in Schule, Ausbildung und Studium auf das Erwerbsleben vorbereiten) ist möglich.
Zugleich gilt es zu sehen, dass dieses Zeitfenster nicht endlos offen bleiben muss und die historische Chance keineswegs mit einem Garantieschein versehen ist.
Vieles hängt von den Kräften, Personen und politischen Strömungen ab, die jetzt in der Linken aktiv werden und ihren Kurs bestimmen.
Der Wahlsieg des Rechtspopulisten Nicolas Sarkozy bei den jüngsten Präsidentschaftswahlen in Frankreich sollte uns eine Warnung sein. Trotz eines Aufschwungs der Klassenkämpfe mit der erfolgreichen Massenbewegung gegen das „Kündigungsschutzgesetz“ CPE und der ebenfalls erfolgreichen Non-Kampagne gegen die EU-Verfassung hat die Linke eine Schlacht verloren. Nicht weil dies so vorherbestimmt war, sondern weil sie aufgrund des Anpassungskurses der Sozialisten und der Zersplitterung der radikalen Linken nicht auf der „Höhe der Zeit“ war.

Kräfteverhältnisse ändern
Die entstehende neue Linke ist ein breites Bündnis sehr unterschiedlicher politischer Strömungen. Das ist ihre Stärke, denn nur so konnte es gelingen, jene „kritische Masse“ an Menschen zusammenzubringen, die notwendig ist, um mehr zu werden als nur eine neue Kleinstpartei mit ideologisch festem Bekenntnis zum Sozialismus. Diese Einheit wurde allerdings mit programmatischen und praktischen Zugeständnissen an die politische Klarheit erkauft - Zugeständnisse, die sich als Hypothek für die zukünftige Entwicklung im Kampf gegen den Neoliberalismus erweisen könnten.
So wurde auf Druck der Linkspartei.PDS in das auf den Dortmunder Parteitagen im März verabschiedete Gründungsprogramm die eindeutige Absage an zukünftige Auslandseinsätze der Bundeswehr durch den Zusatz „unter gegenwärtigen Bedingungen“ abgeschwächt. Auch die Bedingungen für eine Regierungsbeteiligung wurden eher „weich“ formuliert. Während die WASG als Bedingung für eine Regierungsbeteiligung unter anderem ein prinzipielles Nein zu Privatisierung von öffentlichem Eigentum und Stellenabbau im öffentlichen Dienst forderte, ließ die Linkspartei nur ein Nein zur Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge stehen.
Einige linke Skeptiker innerhalb und außerhalb der Partei fürchten nun, dass die neue Partei bald dort enden wird, wo die Grünen und die SPD heute stehen: fest auf der Seite der Herrschenden und ihrer neoliberalen Agenda. Wir denken jedoch, dass sich Geschichte nicht zwangsläufig wiederholen muss und statt der von den Skeptikern vorausgesagten Rechtsentwicklung eine Linksentwicklung der Partei eintreten kann. Wir sehen in der Vereinigung die Chance, eine neue Partei des Klassenkampfes und eines Sozialismus von unten aufzubauen, eine politische Tradition, die in Deutschland vor über achtzig Jahren mit der Stalinisierung der KPD Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts weitgehend verloren gegangen ist. Für diese optimistische Einschätzung führen wir zwei Argumente ins Feld, mit denen wir zugleich den Unterschied zur Partei der Grünen charakterisieren wollen.
Zum einen hat sich mit der Partei „Die Linke.“ eine neue politische Kraft entwickelt, die durch ihre Anbindung an die Gewerkschaften und die Arbeitnehmer- und Arbeitslosenmilieus den Druck der gesellschaftlichen Polarisierung viel direkter widerspiegelt, als es die Grünen mit ihrer sozialen Verbindung zu den Milieus des neuen Mittelstands je taten.
Zum anderen besteht der Bedarf an einer wirklichen linken Alternative, die sich vom politischen Mainstream unterscheidet. Dies war die Grundlage für den Wahlerfolg der Linken in Bremen, wo sie erstmalig in ein westdeutsches Landesparlament eingezogen ist. Die Linke hat in Bremen 8,4 Prozent geholt, weil sie Teil des bundesweiten Neuformierungsprojektes ist und weil sie einen aktiven, authentischen und glaubwürdigen Wahlkampf geführt hat, der die sozialen Bedürfnisse der Menschen in das Zentrum gestellt hat.
Die Barbarei des globalen Kapitalismus, seine die Menschheit bedrohende Destruktivität, macht seine Überwindung zur dringenden Notwendigkeit. Dies ist kein Geheimwissen linker Zirkel mehr, sondern das Gefühl, das immer mehr Menschen beschleicht. Wir glauben, dass die realen Widersprüche des globalen Kapitalismus dazu führen, dass die neue Linke sich bald vor die Alternative gestellt sehen wird, ihre Positionen gegen großen Druck von außen und an der Seite von sozialen Bewegungen zu verteidigen oder die Ziele, für die sie einmal angetreten war, aufzugeben.
Um diesem Druck standzuhalten, muss sie eine sozialistische Perspektive entwickeln. Das heißt, dass aus der neuen Linken, die eine Sammlungsbewegung ist, eine sozialistische Partei mit tiefer Verankerung in der Arbeiterbewegung werden muss. Dazu gehört zum einen eine Auseinandersetzung mit den stalinistischen und den sozialdemokratischen Traditionen des Sozialismus und deren Scheitern, zum anderen die Auseinandersetzung mit der Regierungspraxis der sich sozialistisch verstehenden Linkspartei in den letzten Jahren.
Die Herausbildung einer sozialistischen Massenpartei bedarf der Vorbereitung durch längere gemeinsame Praxis, der „Schule“ realer Klassenkämpfe und des solidarischen Streits über Strategie und Taktik der neuen Partei, sowie der Klärung der Frage, was unter einem Sozialismus im 21. Jahrhundert zu verstehen ist.
Wir wollen dazu beitragen, dass die Partei „Die Linke.“ ihr Potential entfaltet. Dazu wollen wir ein Netzwerk von Marxisten gründen, das in und mit der „Sozialistischen Linken“ als übergreifende Strömung für eine am Klassenkampf orientierte Partei streitet.
Die Chance für die neue Partei ist da - ergreifen wir sie!

Einheit und Kritik
Ein Teil der neuen Linken hat die Regierungsbeteiligung 2009 zu ihrem strategischen Ziel erhoben. So argumentieren Katina Schubert und Elke Breitenbach, beide Vorstandsmitglieder der Linkspartei.PDS: „Wenn wir den Politikwechsel 2009 wollen, müssen wir zum Sprung bereit sein“. Sie schreiben weiter: „Wollen wir die Rolle der Fundamentalopposition einnehmen und in erster Linie dem außerparlamentarischen Protest eine parlamentarische Stimme geben? Oder wollen wir unsere Rolle als Oppositionspartei strategisch nutzen, um spätestens 2009 einen ‚Richtungswechsel der Politik hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit, Demokratie, Freiheit, Selbstbestimmung und ziviler Konfliktlösung‘ (…) auf Bundesebene herbeizuführen? Dafür sind gesellschaftliche und parlamentarische Mehrheiten nötig, die auch genutzt werden müssen. D.h. als logische Konsequenz, dass die Linkspartei.PDS bereit sein muss, bei entsprechender inhaltlicher Übereinstimmung auch Regierungsverantwortung zu übernehmen.“
Nun muss man kein Hellseher sein, dass die politische Grundlage für so eine Entscheidung nicht gegeben sein wird. Das führt dazu, dass sich Vertreter einer Regierungsoption 2009 schon jetzt darauf vorbereiten, „Türöffner“ zu schaffen, die eine Anpassung der Partei nach rechts erlauben. Die Orientierung eines Teils der Linken auf eine bundespolitische Regierungsbeteiligung 2009 bildet z.B. den Hintergrund für den oben skizzierten Konflikt um die Haltung zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr. In der gegenwärtigen Epoche der verschärften internationalen Konkurrenz um Einflusssphären, Rohstoffe und Märkte, ist auf Bundesebene mit einer prinzipiellen Ablehnung von Militäreinsätzen keine Regierungsbeteiligung zu haben.
Auch aus Italien gibt es negative Erfahrungen der Linken in der Regierung, die wir gründlich auswerten müssen. Dort gewinnt die Rechte in den letzten Monaten wieder an Popularität. Hintergrund: In der Mitte-Links-Regierung von Romano Prodi hat die Rifondazione Comunista, die italienische Schwesterpartei der neuen Linken, viele Kröten geschluckt und z.B. der Verlängerung des Afghanistaneinsatzes und Steuererhöhungen, die die kleinen Leute belasten, zugestimmt - immer mit dem Verweis darauf, dass Berlusconi und die Rechte sonst wieder an die Macht kommen könnte. Viele Mitglieder und Anhänger der Linken sind enttäuscht und demoralisiert. Dies schwächt langfristig den Widerstand in den Wohnvierteln, Betrieben und auf den Straßen gegen neoliberalen Ausverkauf und erhöht die Gefahr eines Rechtsrucks. Gerade weil wir davon ausgehen, dass der bestimmende politische Faktor nicht in der Zusammensetzung der Regierung, sondern in den gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen zwischen den großen Klassen Kapital und Arbeit liegt, sind wir der Meinung, dass die Regierungsbeteiligung der Rifondazione in Italien die Rechte stärkt und die Linke schwächt.
Im Zuge des Gründungsprozesses der neuen Partei wird sich um diese Fragen eine Debatte über die Ausrichtung der neuen Partei entwickeln. Wir gehen davon aus, dass die Konfliktlinie zwischen dem Pol in der neuen Partei, der auf soziale Bewegungen orientiert und dem Pol, der eine Regierungsbeteiligung um fast jeden Preis anstrebt, verlaufen wird. Gewerkschafter und Aktivisten, die Anhänger des ersten Pols, haben sich in den vergangenen Jahren durch den Kampf gegen die neoliberale Politik von Rot-Grün nach links bewegt. Sie kämpfen gegen die Kürzungspolitik, treten für echte soziale Reformen ein und sehen eine Veränderung der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse als eine Voraussetzung für die Umsetzung von Reformen an, d.h. sie haben eine Orientierung am Klassenkampf. Dieser Flügel steht im Allgemeinen Regierungsbeteiligungen nicht prinzipiell ablehnend gegenüber, knüpft diese aber an schärfere Mindestbedingungen (z.B. keine Zustimmung zu Maßnahmen des Sozialabbaus).
Das politische Selbstverständnis des „realpolitischen“ Pols ist geprägt von der Orientierung auf Regierungsbeteiligung um fast jeden Preis und von den Erfahrungen aus kommunal- und landespolitischer „Verantwortung“. Unter dem Druck leerer Kassen und der Akzeptanz von Standortsicherung und Haushaltskonsolidierung geht dieser Flügel teilweise zur Elendsverwaltung über und droht in das Fahrwasser neoliberaler Politik zu geraten. Zentrales strategisches Element dieses Flügels sind Regierungsbeteiligungen als Wert an sich, was praktisch zur Beteiligung an oder der Verteidigung von Sozialabbau führt. Ein Beispiel dafür ist die Öffnung der Ladenschlusszeiten in Berlin oder die Zustimmung zum Verkauf der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft WOBA in Dresden.
Das Dilemma zwischen dem Aufbau einer linken Gegenbewegung zur Veränderung gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse und der Elendsverwaltung angesichts der „Sachzwänge“ leerer öffentlicher Kassen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene muss die neue Linke offen diskutieren.
Dabei ist es wichtig zu erinnern, dass die Epochen von Sozialreformen unter Bismarck (1881-1887), Adenauer (1957-61) oder Willy Brandt (1969-71) nicht in erster Linie von der politischen Zusammensetzung der Regierung abhingen, sondern von der kraftvollen Entfaltung von Protest und Klassenkampf außerhalb der Parlamente. Wir meinen deswegen, dass die Arbeit der Linken im Parlament dem Ziel, die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse gegen das Kapital zu verschieben und durch den Widerstand die Selbstorganisation der Menschen zu beflügeln, untergeordnet sein muss. Nur so können wir wirksam der Unternehmeroffensive und der Militarisierung der deutschen und europäischen Außenpolitik entgegentreten.
Sozialistische Linke
Unser gemeinsames Netzwerk sollte sich als Teil der Strömung der „Sozialistische Linken“ (SL) verstehen. Deren Betonung einer „Klassenorientierung“ und Orientierung an den Gewerkschaften sehen wir als Voraussetzung für den Neubeginn einer lebendigen sozialistischen Arbeiterbewegung in Deutschland. Gleichwohl hätten wir uns an einigen Punkten der Plattform der Sozialistischen Linken noch klarere Aussagen gewünscht (www.sozialistische-linke.de). Das gilt sowohl für die Ablehnung von Regierungsbeteiligungen als auch zum Beispiel für die Frage, ob Linke jegliche Bundeswehreinsätze im Ausland ablehnen sollten und ob Linke heute noch für das Recht unterdrückter Völker auf nationale Selbstbestimmung eintreten sollten. Damit zusammen hängt die Frage, ob Linke noch nationale Befreiungskämpfe gegen imperialistische Politik unterstützen sollten, um diese zu schwächen.
Diese Fragen sind weiter zu diskutieren. Wir glauben indes, dass die Gesamtorientierung der Plattform der SL genügend Gemeinsamkeiten für eine erfolgreiche Arbeit bietet.
Um diesen Pol zu stärken, brauchen wir die Vision einer „Partei der Bewegung“. Praktisch zielt dies auf den Aufbau von Kampagnen und Bewegungen. Ideologisch ist eine klare und entschiedene Auseinandersetzung mit der Politik der Bundesregierung und speziell der Sozialdemokratie nötig, aber auch mit den Theorien der Strömungen innerhalb der Linken. Mit dieser Orientierung wollen wir um das neue Magazin „Marx 21“ ein marxistisches Netzwerk gründen. Als politische Grundlage schlagen wir die im Folgenden dokumentierten Leitsätze vor. Wir laden alle bisherigen Anhänger von Linksruck, aber auch alle anderen an einem solchen Projekt Interessierten ein, gemeinsam an der Diskussion und der Gründung eines neuen marxistischen Netzwerks teilzunehmen.

Partei oder Netzwerk

von: Norbert Nelte

Der Vorschlag von Martin eine Parteigründung (keine bürgerliche Wahlpartei, sondern eine revolutionäre Partei) zum jetzigen Zeitpunkt durchzuführen, wo wir aufgrund mangelnder Emanzi­pation der Basis die vorgeschlagenen Theorien nicht in der Praxis überprüfen können, würde eine Zersprengung des NLO in viele Kleinstorganisationen bedeuten. Ich teile aber die Motivation von Martin. Seit dem 11.09. ist die USA zur Rettung ihrer Weltherrschaft gegenüber China dabei, alle Länder in einen Weltkrieg zu verstricken. Bei dem letzten Akt im Libanon verhielt sich die bürgerliche Friedensbewegung neutral zwischen dem angrei­fenden Kettenhund der USA und der nationalen Kleinbourgeoisie des angegriffenen Landes Libanon. 90% der „revolutionären“ Linken wartenden ab, was die Pazifisten zu unternehmen gedenken.

In Köln riefen nur wir von den Internationalen Sozialisten als „Kein Blut für Öl“ zusammen mit der MLPD, dem Humanistischen Netzwerk, einigen türkischen Gruppen und der Palästinenser-Gemeinde zu den Demos mit der Forderung auf: Israel raus aus Libanon und Palästina. Die SAV schloss sich zwar den Demos an, aber ohne die Forderung und das Plakat zu unterschreiben. Sie schlug statt dessen die Forderung vor „Stoppt diesen Krieg“, damit die Bürgerlichen sich dem anschließen hätten können, ohne die USA als Aggressor USA benennen zu müssen. Eine übliche Haltung der Linken z.B. auch im Irak-Krieg. „Stopp! Keinen Krieg gegen Irak“, war die Forderung, ohne die USA als Aggressor zu benennen. Im Libanon-Krieg machten die Bürgerlichen die erste Demo, als der Krieg schon vorbei war. Deshalb musste die SAV bis zum Schluss bei uns mitlaufen. Es war ein einziges Desaster.

Die Linke schaut zu, wie der amerikanische Moloch seinen Durchmarsch durch die Ölländer macht, um China umkreisend zu isolieren und von den kriegswichtigen Ölressourcen abzuschneiden. Nach dem 11.09. hörten wir vor dem Afghanistan-Krieg, nein der kommt nicht. Beim Irak-Krieg der gleiche Text. Jetzt wieder vor dem Iran-Krieg und das wird bei allen zukünftigen Kriegen gegen Sudan, Saudi-Arabien, Kasachstan, Usbekistan und dann zum Schluss gegen China das gleiche sein und die USA verwandeln locker leicht alle Länder, die ganze Welt in Schutt und Asche und in Ströme voller Blut, um sie zum Schluss für immer ins ewige Dunkel zu verbannen.

Dagegen wird erst eine Arbeiterpartei aufbegehren, die in der zukünftigen emanzipierten Arbeiterbewegung geboren ist. Die NLO wird das heute nicht sein. Wir müssen realisieren, dass die Differenz zwischen den Weltkriegsmahnern und den Kriegsberuhigern mitten durch die NLO geht. Als wir von KBfÖ in Essen ein Referat hielten, dass die Konfrontation zwischen Amerika und China aufzeigte, die für dieses mal den Krieg gegen den Iran um sein Öl verursachen wird, gaben uns zwar das Publikum weitestgehend recht, nicht aber die beiden anwesenden Ratsvertreter Joga Twickel und Edith Bartelmus-Scholisch. Beide vertraten die Ansicht, dass es keine Konfrontation zwischen Amerika und China geben wird und keinen Krieg gegen den Iran, obwohl eine NRW-NLO-Versammlung einhellig – ohne Gegenstimme - das anders gesehen hatte. Es gab lediglich eine Stimme, die fragte, ob wir nicht den zukünftigen Krieg gegen den Iran wegen seiner zu erwartenden Kürze nicht Krieg, sondern anders nennen sollten. Joga meinte in Essen, dass wir uns dabei, dass es nicht zum Krieg kommen würde, auf die Demokraten verlassen könnten. Dabei wurde gerade, falls es noch zu wirklichen Wahlen kommen sollte,

http://www.gerhard-wisnewski.de/modules.php?name=News&file=article&sid=400

in den Kreisen um Hillary Clinton geäußert, dass „wir gegen die Chinesen die Muskeln spielen lassen müssen“ und Frau Clinton einen Krieg gegen den Iran fordert.

http://www.linkezeitung.de/cms/index.php?option=com_content&task=view&id=2561&Itemid=249

Edith legte ihren Schwerpunkt darauf, dass sich ein Krieg gegen Iran „betriebswirtschaftlich“ gar nicht rechnen würde. Dabei muss man aber wissen, dass wahrscheinlich noch in diesem Jahr die Illiquidität der USA festgestellt werden wird und sie unbedingt einen Buhmann als Ablenkungsmanöver brauchen

http://www.leap2020.eu/GEAB-N-16-ist-angekommen!-Umfassende-weltweite-Krise-Sommer-2007-Die-US-Zentralbank-verliert-die-Kontrolle-über-die-US_a721.html?PHPSESSID=c9ca054cf41d0b14adf10142906525bb

Heute hat der Dollar die 1,37 €uro-Marke gekackt. Nun wird es problematisch für ihn. Ab 1,40 wird er in den Steilflug in den Keller fallen. Was, eben meldet spiegel-online 1,3784, 13796. Also, gut anschnallen. Die Fed veröffentlicht nicht mehr, wie viele Dollar-Noten sie druckt. Letztes mal wurde das vor der Weltwirtschaftskrise 29 gemacht. Aus dieser Weltwirtschaftskrise konnten sich alle Länder nur retten, indem sie für den zu erwartenden Weltkrieg die Rüstungsproduktion aufnahmen. Die zu erwartende Abwertung des Dollars um 30% wird der Lebensstandard der amerikanischen Bevölkerung um gut die Hälfte auf der Höhe wie den der Mexikaner schrumpfen lassen, da auch dann die täglichen 2 Milliarden Kredite aus Ostasien und dem Nahen Osten ausbleiben werden. Es braucht ein gewaltiges Argument, um diese Kellerfahrt zu begründen, z.B. einen 10, 20, 40jährigen Krieg gegen den scheinbaren Terrorismus.

http://www.linkezeitung.de/cms/index.php?option=com_content&task=view&id=2096&Itemid=249

Der 4. Flugzeugträger (mit der Charles deGaulle) unterwegs zum persischen Golf. Ex-Senator Santorum kündigt bereits einen großen Terroranschlag noch vor dem November an, wie die, die es in England gab, um die Kriegsmüdigkeit der Amis wegzublasen. (Also: Reisewarnung in die USA)

http://www.globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=6279

Allein der Krieg gegen Irak ließ durch die zusätzlichen Rüstungsausgaben die Wirtschaft um 2% wachsen. Das könnte Amerika bei dem niedrigen Wachstum um die eine Prozent jetzt gut gebrauchen. Die neuen Ölgesetze im Irak, nach denen die USA bei den neu geförderten Ölquellen 100% der Einnahmen behalten darf, bescheren den Petro-Konzernen bis zu 172% Renditen. Da würde Daimler doch vor Freude in die Luft springen. Soviel zum betriebswirtschaftlichen.

Bei uns in Köln meinte eine RSB-Genossin zu unseren Vorwürfen gegen die antideutschen Anarchisten, dass diese jetzt auf die Seite der Kriegstreiber mit ihren USA- und zionistischen Fahnen gegangen sind und gegen unsere Demos versuchten, vorzugehen, dass der ursprüngliche Gedanke der Antideutschen, die Juden nicht mit den Zionisten in einen Topf zu werfen, doch ein hehrer gewesen sei. Keine linke Gruppe tat das aber, im Gegenteil, sie verurteilten alle einen derartigen Rassismus ohne mit der US-Flagge zu schwenken. Alle. Auf unseren Aktionen der KBfÖ gegen die Kriegstreiber mit den Forderungen Raus aus Afghanistan und dem Irak, Hände weg vom Iran, tauchte auch bis jetzt noch kaum NLOler der anderen Strömungen auf. Scheinbar tangiert die Kriegsfrage manche Genossen nur periphär oder sie vertrauen dabei wohl auf die Demokraten und auf die Sozialdemokraten, dass die dem Morden ein Ende setzen.

Wir sehen, dass in dieser Frage die Haltung in der NLO ganz schön auseinandergeht. Sollten wir aus der Konfrontation des Weltherrschers USA mit Emporkömmling China einen Programmpunkt machen, würde es sicher hier zur Abspaltung kommen. Der nächste Punkt des Streits wäre die Frage der Einheits- oder Volksfront, bei der es ja schon bei dem Afghanistan-Aufruf im Rat und in der LZ-Redaktion gekracht hat. Die Genossen, die aus der trotzkistischen Einheitsfront-Schule kommen, wollen in der Regel mit den Führungen der gegnerischen Organisationen eine Einheitsfront mit einer minimalen Plattform machen. Im gemeinsamen Kampf wollen sie dann deren Basis für ihre Linie gewinnen. Die Genossen, die aus der stalinistischen Volksfront-Schule kommen, lehnen in der Regel diese Art einer minimalen Plattform ab und erhoffen sich direkt mit der Basis eine konsequente „Einheitsfront von unten“ schließen zu können. An diesem Punkt sehen wir deutlich, dass wir ohne emanzipierte Basis gar nicht in der Praxis messen können, welche Seite richtiger liegt. Sollte man diese Frage, ob Einheitsfront „oben“ oder von „unten“, zum Programmpunkt machen, werden wir nach den Schulen auseinander sortiert.

Das gleiche wird mit der Frage revolutionär oder reformistisch passieren, wahrscheinlich sogar als erstes. Ich meine dabei nicht, was das Organisationsmitglied denkt, wahrscheinlich gibt es in der NLO niemand mehr, der an eine große Zukunft des Kapitalismus glaubt, nein vielmehr meine ich die Ausrichtung der NLO, damit unser Zielpublikum 2007 uns verstehen kann und unser Anliegen nachvollziehen kann.

Desgleichen kann man sich Spaltungen an der Antifakampftaktik denken. So würden wir über tausend Punkte stolpern können und würden uns in alle Winde uns verflüchtigen. Nein, wir sollten doch bei einem Netzwerk bleiben, aber eins auf höherer Stufenleiter. wo wir zum einen innerhalb des NLO’s Fraktionen um die differenzierten Vorgehensweisen unterstützen sollten, und zum anderen angesichts der vergangenen und der zu erwartenden Ereignisse (€ bei 1,37$) eine Kampagne zum weiteren Zusammenschluss der Linken nach dem Modell der NLO machen sollten.

Martins Vorschlag eines ausgefeilten Parteiprogramms ist verständlich, halten doch nicht einmal die Netzwerkverteidiger den Minimalkonsens des Netzwerkes durch, wie an dem Richtungsvorschlag von Edith zu sehen ist. Die Zeit ist noch gar reif, diese Frage zu diskutieren. Wir von der IS mussten dann auch einen Gegenentwurf machen, um aufzuzeigen, dass es mehrere Konzepte in der NLO zur Basisdemokratie gibt und dass die NLO an der Diskussion heute zerschellen würde. Weil Edith selber einen Richtungsvorschlag macht, provoziert sie alle, auch einen zu unterbreiten. Erst wenn die Massen aktiv werden, macht das aber Sinn. Ein Netzwerk ist neu für uns alle, aber da müssen wir unbedingt Disziplin halten, wollen wir das Netzwerk auf die nächste Stufe der Leiter hin zu lebendigen Basisrat bringen.

A - Netzwerk auf der nächsten Stufe der Leiter.

Angesichts der 1984-Pläne von Schäuble, Bush & Co, der Bundeswehrstationierungen in der Welt und der drohenden Weltwirtschaftskrise wird es notwendig, dass die konsequente Linken enger zusammenarbeitet. Dazu sollten wir einen Aufruf unterbreiten zu Kongressen im Bündnis mit anderen einladen. Zu den Zielen gehört auch eine Print- + Internetzeitung aber in erster Linie die Möglichkeit einer schnelleren außerparlamentarischen Reaktion auf die immer häufigeren Angriffe des Kapitals gegen den kleinen Mann. Gegen die Heuschrecken muss die Linke und der von der Gewerkschaftsführung alleine gelassene Arbeiter sich zusammenschließen, gegen die Ausbreitung der Kriege, die Herabstufung in die Armut mit Hartz IV. usw.

B – Institutionalisierung der innerparteilichen Diskussion und Fraktionierungen

In der NLO sollten natürlich die verschieden Strömungen für die Position ihrer Strömung Propaganda machen können, ohne dass dabei das Minimalprogramm kurzfristig verändert werden soll. Dafür wird ein gesonderter Unterpfad eingerichtet, in dem man sich auch zu den Fraktionierungen verabreden kann. Die Fraktionen erhalten auch einen Unterpfad Damit kommt man einerseits dem Bedürfnis nach weiteren theoretischen Diskussionen nach und ist andererseits bereit, das Minimalprogramm zu ertragen. Ein Netzwerk sollte möglichst viele Organisationen und Individuen erfassen. Deshalb müssen wir alle es noch besser lernen andere Haltungen zu ertragen. Aber deshalb wird es auch wichtig, das Minimalprogramm auch auszuformulieren, unter das sich alle der außerparlamentarischen und oppositionellen Linken auch setzen können:

Auf ein paar Seiten das wichtigste auf ein paar Seiten:

Radikaldemokratisch, für Rätedemokratie, solidarisch, pluralistisch, dezentral und offen!, Keine Privatisierungen! Kein Sozialabbau!, Keine Auslandseinsätzen der Bundeswehr, auch nicht mit der UNO! 12 €uro Mindeststundenlohn, für 30 Std-Woche, Grundeinkommen 1.000 €uro, Kostenloses Gesundheitssystem, Nulltarif im öffentlichen Nahverkehr, Abschaltung aller AKW’s, usw.

Norbert Nelte, NLO Köln

Der Islam und die Politik der Bolschewiki

von: Dave Crouch

Ursprünglich veröffentlicht in International Socialism 2:110, London, April 2006.
Übersetzt aus dem Englischen von Rosemarie Nünning,
in Zusammenarbeit mit David Paenson.
Einde O’Callaghan für REDS – Die Roten.

Quelle:
http://www.marxists.de/religion/crouch/bolsch_islam.html


Angesichts des drohenden Fiaskos im Irak hat das politische Establishment die Reihen fest geschlossen, um an der Heimatfront den Islam zum Sündenbock zu stempeln. Am Tag der Londoner Bombenattentate im Juli 2005 gab der damalige Labour-Außenminister Jack Straw den Ton für einen erneuten Angriff vor, indem er jede Verbindung mit dem Irakkrieg einfach abstritt. Solidarität mit Muslimen in der Antikriegsbewegung wurde von bekannten linksliberalen Kritikern, den nützlichsten Verbündeten der Rechten, angegriffen. [1] Die Reaktion auf die rassistischen Karikaturen in der dänischen Zeitung Jyllands Posten, die in der europäischen Presse nachgedruckt wurden, hat das Ausmaß der Islamophobie in so genannten liberalen Kreisen offenbart – und die Konfusion bei den Linken.

Gegenstand der Polarisierung in der revolutionären Linken war die Haltung zum islamischen Kopftuch, dem Hidschab. Gilbert Achcar von der französischen Ligue Communiste Révolutionnaire (LCR) nimmt eine Position irgendwo in der Mitte ein. Er kritisiert Genossen seiner eigenen Partei und auch andere französische Linke, die sich dem Verbot des Hidschabs nicht entgegenstellen, gleichzeitig wirft er der britischen Socialist Workers Party (SWP) vor, ein Wahlbündnis „mit einer islamisch-fundamentalistischen Organisation wie der Muslim Association Großbritanniens“ einzugehen. [2] Achcar scheint ein großes Zugeständnis an die Behauptung der Rechten zu machen, der Islam unterscheide sich von allen anderen Religionen, wenn er sagt, dass der Koran linke „befreiungstheologische“ Interpretationen, wie sie uns im Christentum begegnet sind, nicht zulasse. Achcar zufolge hält der Koran die Muslime in reaktionärem Denken gefangen. [3]

Dabei gibt es zahlreiche Beispiele für die Entstehung linker Organisationen bei Anhängern des Islams. Malcolm X hatte wesentlichen Einfluss auf die Führer der revolutionären Black Panther Party in den 1960er Jahren, während die Führer der iranischen Mudschaheddin in ihrem Guerillakampf gegen den Schah für eine Verschmelzung von Marxismus und Islam eintraten. Auch die herrschende Klasse islamischer Länder experimentierte immer wieder mit linker Rhetorik, um ihre Popularität zu erhöhen. Der „islamische Sozialismus“ wurde beispielsweise 1973 von den Führern des Militärputsches in Afghanistan ebenso verkündet wie von Ministerpräsident Sulfikar Bhutto während seines Nationalisierungsprogramms in Pakistan Mitte der 1970er Jahre.

Wenn also auch Muslime – erwartungsgemäß – revolutionäre Ideen haben können, wie sieht dann die historische Erfahrung prinzipienfester marxistischer Organisationen aus, die versucht haben, sie für den Sozialismus zu gewinnen? In dieser Diskussion finden Lenins Bolschewiki und ihre Gestaltung der Revolution nach 1917 unter den Völkern des ehemaligen russischen Reiches, wo mit rund 16 Millionen Menschen zehn Prozent der Bevölkerung Muslime waren, wenig Beachtung. Mit diesem kurzen Artikel soll ein Beitrag geleistet werden, diese Lücke zu füllen. Ich werde zeigen, dass sich die bolschewistische Politik von 1917 bis Mitte der 1920er Jahre grundlegend von der Hexenjagd unterschied, die Stalin ab 1927 gegen den Islam entfesselte; dass die Bolschewiki in diesen Anfangsjahren praktizierende Muslime mit offenen Armen in die Kommunistische Partei aufnahmen, und dass sie eine breit angelegte Einheitsfrontpolitik mit islamischen Organisationen verfolgten.

Mein Ziel ist, Lenins Vermächtnis vor den Verunglimpfungen der Rechten zu retten und aus den Erfahrungen der Bolschewiki einige Lehren zu ziehen. Dabei geht es für eine kleine und angeschlagene revolutionäre Linke, die nach dreißig Jahren des Abschwungs langsam aus der Isolation auftaucht, um sehr viel mehr. Alex Callinicos von der Socialist Workers Party hat darauf hingewiesen: „Das Kopftuchthema ist in der Tat ein Symptom für die sehr reale Aufgabe, unsere Bewegung auf die Menschen am unteren Ende der europäischen Gesellschaft auszudehnen, die nicht nur wirtschaftliche Ausbeutung, sondern auch rassistische Unterdrückung erfahren, und von denen viele gerade aus diesem Grund stark an ihrem muslimischen Glauben festhalten.“ [4] Wenn wir Arbeiter wegen ihrer Kleidung oder ihres Glaubens ablehnen, stellen wir uns selbst ins sektiererische Abseits. Es ist kaum übertrieben zu sagen, dass die Linke eine internationalistische Pflicht hat, gemeinsam mit den Muslimen gegen Rassismus und Imperialismus zu kämpfen.

Dabei geht es auch um ein sehr persönliches Thema, deshalb sollte ich etwas über meinen eigenen Glauben sagen: Als Junge zogen mich die Zeremonien der Anglikanischen Kirche an, die ich regelmäßig besuchte. Trotzdem kann ich mich nicht an irgendeine religiöse Überzeugung erinnern, bis ich Anfang zwanzig war, als ich das starke Gefühl entwickelte, mein Schicksal liege in der Hand eines höheren Wesens. Rückblickend betrachtet, war das wohl eine Widerspiegelung der persönlichen Wirren, in denen ich mich befand, der damals erlebten Armut und Hoffnungslosigkeit. Ich war sehr wütend auf die Gesellschaft und hätte durchaus von einer religiösen Sekte angezogen werden können, von Gewalt oder religiös begründeter Gewalt. Stattdessen fand ich heraus, dass der Marxismus eine bessere Möglichkeit zum Verständnis der Welt und einen Leitfaden zu ihrer Veränderung bietet.


Das Christentum unter den Bolschewiki
Befragt nach der Sowjetunion, werden religiöse Menschen in der Regel gleich eine Liste unstreitiger Verbrechen abspulen, die Stalin gegen jede Art von Glauben begangen hat. Zu häufig jedoch werfen sie dabei alle Sozialisten in einen Topf. In Wirklichkeit hatte der Stalinismus nicht das Geringste mit der Politik der Bolschewistischen Partei zu Lenins Zeiten zu tun, oder mit den Anfangsjahren ihrer Herrschaft in Russland. Als Erstes muss festgehalten werden, dass das Parteiprogramm zwar klar atheistisch ausgerichtet war, Atheismus aber niemals als Voraussetzung für die Parteimitgliedschaft galt. Für die Bolschewiki war Religion Privatsache eines jeden Bürgers. Im Jahr 1905 verfasste Lenin eine Schmährede gegen diejenigen, die den Atheismus in das Parteiprogramm aufnehmen wollten, und betonte: „Durch keine Broschüren, durch keine Propaganda kann man das Proletariat aufklären, wenn es nicht durch seinen eigenen Kampf gegen die finsteren Mächte des Kapitalismus aufgeklärt wird.“ [5]

Sozialisten gehen also davon aus, dass Menschen, wenn sie zum ersten Mal in Kontakt mit sozialistischen Organisationen treten, religiösen Überzeugungen anhängen, die sie nur verlieren werden, wenn sie sich ihrer eigenen Macht, die Welt zu verändern, gewiss werden. Marx hatte seinem berühmten Ausspruch von der Religion als „Opium des Volkes“ die Einsicht vorangestellt, dass Religion auch eine Sprache bieten kann, in der Menschen über die Realität ihrer Unterdrückung sprechen und ihr Bedürfnis, sich dieser Unterdrückung zu widersetzen, zum Ausdruck bringen:

Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volks. [6]

Lenin war sich darüber im Klaren, dass es politischem Selbstmord gleichkommen würde, darauf zu pochen, dass Arbeiter vor Eintritt in eine revolutionäre Partei ihre religiösen Ideen aufgeben. Im Gegenteil forderte er auf, Gläubige für die Partei „zielstrebig“ zu gewinnen: „… wir sind unbedingt gegen die geringste Verletzung ihrer religiösen Überzeugungen“, schrieb er 1909. Er bezeichnete alle, die es dennoch taten, als „Abc-Schützen des Materialismus“:

Die soziale Unterdrückung der werktätigen Massen, ihre scheinbar völlige Ohnmacht gegenüber den blind waltenden Kräften des Kapitalismus, der den einfachen arbeitenden Menschen täglich und stündlich tausendmal mehr der entsetzlichsten Leiden und unmenschlichsten Qualen bereitet als irgendwelche außergewöhnlichen Ereignisse wie Kriege, Erdbeben usw. – darin liegt heute die tiefste Wurzel der Religion. [7]

Die russischen Marxisten begriffen auch, dass sich die Radikalisierung von Arbeitern in ihren religiösen Anschauungen spiegeln konnte. In seiner Autobiografie erinnert sich Trotzki an die Streikwelle Ende der 1890er Jahre, als Arbeiter in der Ukraine mit der russisch-orthodoxen Kirche brachen und zu anderen Religionsgemeinschaften wie den Baptisten übertraten, die „einen Kampf mit der offiziellen orthodoxen Kirche“ führten. Für sie bedeutete es oft „eine kurze Etappe auf dem revolutionären Weg“. [8] Eine ähnliche Beobachtung stand hinter Lenins Vorschlag von 1903, eine Zeitung herauszugeben, die sich an Mitglieder christlicher Sekten richten sollte, von denen es seinerzeit in Russland über zehn Millionen gab. „Versuchsweise“ erschienen 1904 neun Ausgaben von Rasswet (Sonnenaufgang). [9]

Die unsektiererische Herangehensweise der Bolschewiki an das Christentum wurde durch den Generalstreik in Petersburg im Januar 1905 auf die Probe gestellt. Dieser gipfelte in einen Marsch von 200.000 Arbeitern, die dem Zaren am 9. Januar eine Bittschrift überreichen wollten, und unter denen am Ende Soldaten ein Massaker anrichteten. Die Bewegung wurde von dem Priester Georgi Gapon angeführt, der allgemein für einen Polizeispitzel gehalten wurde. Die Bolschewiki beteiligten sich trotzdem an der Demonstration, und anschließend bemühte Lenin sich ernsthaft um ein Treffen mit Gapon, um mit ihm zu sprechen und ihn vielleicht sogar für die Partei zu gewinnen. [10] Gapon war ein russisch-orthodoxer Priester, und die Kirche war eng an den Zarenstaat gebunden, bis hinunter auf die unterste Dorfebene. Einige ihrer Priester führten Pogrome gegen Juden an und organisierten die Schwarzhundertschaften, Banden, die Arbeiter angriffen und jeden Gegner des Regimes. Die Tatsache, dass der Zarismus die orthodoxe Kirche als Waffe ihrer Klassenherrschaft benutzte, machte die Bolschewiki jedoch nicht blind gegenüber der Tatsache, dass viele einfache Russen aus ganz anderen Gründen orthodoxen Anschauungen anhingen.

Als die Bolschewiki im Oktober 1917 zur Macht kamen, erklärten sie den Sowjetstaat für nichtreligiös, aber nicht für antireligiös. Im Dezember wurde die russisch-orthodoxe Kirche entmachtet und verlor ihre Eigentumsrechte. Geburtsregister, Heirat, Scheidung und Bildung wurden zu nichtreligiösen Aufgaben des Staats erklärt. Kirchen wurden umgewandelt in Schulen, Wohngebäude, Klubs und so weiter, gleichzeitig hatten religiöse Gruppierungen das Recht, bei den zentralen und örtlichen Beamten Eingaben für die Nutzung eines beliebigen Gebäudes als Gebetshaus zu machen. Schulen waren säkular, aber nicht antireligiös.

Eine Verfügung zu erlassen, war eine Sache, die Kirche in der Praxis zu entmachten, eine andere. Es gab Orte, an denen die religiös-orthodoxen Gefühle hochkochten, und hier und da kam es zu Zusammenstößen zwischen Gemeinden und Bolschewiki über die Frage der Kontrolle von Kircheneigentum. Die allgemeine Unterstützung in der Bevölkerung für die orthodoxe Kirche erhielt 1921 jedoch einen deutlichen Dämpfer, als ihr Patriarch Tichon sich weigerte, Kirchenschätze zu verkaufen, um Auslandsgelder zur Linderung der Hungersnot, von der Millionen Menschen betroffen waren, aufzubringen. In diesem Zusammenhang wurden rund 45 Priester exekutiert, weil sie Widerstand gegen Trotzkis Kampagne zur Enteignung von Kircheneigentum organisierten. Diese harte Politik muss aber unbedingt im Zusammenhang mit der Hungersnot gesehen werden, nicht als böswilliger Angriff auf die Kirche. [11]

Einige christliche Kirchen blühten unter den Bolschewiki sogar auf. Die Anhängerschaft der evangelikal-protestantischen Bewegung – zu der etliche konfessionelle Organisationen gehörten wie die Baptisten, Evangelikalen Christen, Pfingstler und Adventisten – stieg im ersten Jahrzehnt der sowjetischen Herrschaft von etwa 100.000 auf über eine Million. Diese Evangelikalen nutzten die in der sowjetischen Verfassung festgeschriebene Freiheit der religiösen Propaganda und missionierten umfangreich und mit Nachdruck. Sie veröffentlichten eine Vielzahl religiöser Schriften, unterhielten Bibelschulen zur Ausbildung von Priestern, organisierten Wohlfahrtsprogramme und bildeten Landwirtschafts- und Fabrikgenossenschaften. [12]

Ein Grund für den Aufstieg des Evangelismus war die erstaunliche Entscheidung Trotzkis im Oktober 1918 (ratifiziert durch die Regierung einige Monate später), Menschen, die den Waffendienst nachweislich wegen ihrer religiösen Überzeugung ablehnten, stattdessen medizinischen Ersatzdienst ableisten zu lassen. Diese Anweisung kam gerade in dem Moment, als der Bürgerkrieg voll in Gang kam. Paul Steeves, ein Wissenschaftler, der die russischen Evangelikalen studiert hat und den Bolschewiki feindlich gesinnt ist, stellt fest, dass keinesfalls ein direkter und ursächlicher Zusammenhang zwischen Pazifismus und der Ausweitung der Bewegung hergestellt werden könne. Er beobachtet allerdings gerade bei den Baptisten, dass „die spezielle Zeitphase [1917-1926], als pazifistische Ansichten in der Leitung der Russischen Baptistenunion vorherrschten, zusammenfällt mit der Zeit der außerordentlich großen, wachsenden Beteiligung an der baptistischen Bewegung“. [13] Mit anderen Worten, junge Männer traten den Evangelisten bei, um dem Militärdienst zu entgehen. Dennoch entschied sich die bolschewistische Führung, diesen Preis für die Aufrechterhaltung des Prinzips der Religionsfreiheit zu bezahlen.

Gleich nach der Revolution und der Machtübernahme machte sich Lenin Gedanken über zu scharfe atheistische Propaganda: „Im Kampf gegen religiöse Vorurteile muss man außerordentlich vorsichtig vorgehen; großen Schaden richtet dabei an, wer in diesem Kampf das religiöse Gefühl verletzt. Der Kampf muss auf dem Wege der Propaganda, der Aufklärung geführt werden. Wenn wir den Kampf mit scharfen Methoden führen, können wir die Massen gegen uns aufbringen“, erklärte er im November 1918. [14] Im Jahr 1921 überzeugte Lenin das Zentralkomitee der Partei davon, eine Direktive zu erlassen, um Parteimitglieder, die seinen Rat missachteten, maßregeln zu können: „Es muss unbedingt alles vermieden werden, das Einzelnationen Anlass geben könnte zu denken – und unseren Feinden zu behaupten –, dass wir Menschen wegen ihrer religiösen Überzeugungen verfolgen.“ [15]

Dennoch gab es Fälle, in denen kommunistische Gruppierungen darauf aus waren, bewusst religiöse Gefühle zu verletzen. Der Kommunistische Jugendbund organisierte zum Beispiel am 6. Januar 1923 ein „Rotes Weihnachten“ mit Prozessionen von Studenten und Arbeiterjugendlichen, die sich als Narren verkleidet hatten, die Internationale sangen und Puppen religiöser Persönlichkeiten verbrannten. Solche Ereignisse waren aber die Ausnahme und wurden von der bolschewistischen Führung heftig verurteilt. [16] Zudem war die atheistische Propaganda außerordentlich erfolglos, was mit dem Abebben der revolutionären Welle nach dem russischen Bürgerkrieg und der Niederlage der deutschen Revolution zu erwarten war. Die Bolschewiki hielten einen erfolgreichen Kampf gegen die Religion nur mit der Entstehung eines „nowyi byt“ (neuen Seins) für möglich, was hieß: saubere, warme und gesunde Lebensumstände, Elektrifizierung, entwickelte Landwirtschaft, steigender Lebensstandard. Mitte der 1920er Jahre jedoch kämpften sie immer noch mit den verhängnisvollen Folgen von sieben Jahren Krieg.

Lenins Aufsatz „Über die Bedeutung des streitbaren Materialismus“ wurde im März 1922 veröffentlicht, und die erste Ausgabe von Besboschnik (Der Gottlose) folgte noch im selben Jahr. Es war die erste längerlebige atheistische Massenzeitung. Diese und andere Publikationen hatten jedoch keinen wirklichen Einfluss: Schon bald waren ihre Herausgeber verzweifelt auf Materialsuche. Im Jahr 1925 wurde der „Bund der Gottlosen“ von einer kleinen Gruppe entmutigter Atheisten gegründet, er war in seinen Anfangsjahren jedoch wirkungslos. Als Stalin im Jahr 1929 faktisch jede Religionsausübung verbot, benannte er sich in „Bund der streitbaren Gottlosen“ um. Und erst jetzt stieg die Mitgliedszahl des Bunds sprunghaft an: Im Jahr 1931 verzeichnete er bereits fünf Millionen Mitglieder. [17]


Islam und der Zusammenbruch des Zarenreichs
Muslime hatten unter dem russischen Imperialismus schwer gelitten. Die Wut darüber kam nach der Einführung der Wehrpflicht in Mittelasien im Ersten Weltkrieg an die Oberfläche, als im Sommer 1916 bei einem Massenaufstand 2.500 russische Kolonialisten ihr Leben verloren. Dem Aufstand folgte die blutige Unterdrückung: Die Russen metzelten rund 83.000 Menschen nieder. Die Krise des Zarismus radikalisierte deshalb im Jahr 1917 Millionen Muslime, die Religionsfreiheit und Nationalrechte einforderten. Am 1. Mai 1917 fand der Erste Gesamtrussische Kongress der Muslime in Moskau statt. Unter den 1.000 Delegierten befanden sich 200 Frauen. Nach hitzigen Diskussionen stimmte der Kongress für den Achtstundentag, die Abschaffung privaten Grundbesitzes, die Einziehung großer Anwesen ohne Entschädigung, gleiche politische Rechte für Frauen und das Ende von Polygamie und Purdah (das Verbergen von Frauen vor der Öffentlichkeit hinter einem Schleier oder Vorhang). Mit diesem Kongress waren die russischen Muslime weltweit die Ersten, die Frauen von den herkömmlichen Beschränkungen in islamischen Gesellschaften jener Zeit befreiten. [18]

Der Islam war unter dem Zarenreich keineswegs ein monolithischer Glaube. Die Tartaren und Kirgisen zum Beispiel kannten die Tradition der Verschleierung von Frauen nicht. In Mittelasien, wo es den Schleier und die Abschottung von Frauen gab, stammten diese Praktiken häufig aus der Zeit nach der russischen Kolonisierung und waren vor allem unter städtischen Frauen in eher wohlhabenden Familien üblich. [19] Eine intellektuelle Strömung innerhalb des Islams in Mittelasien, die Dschadiden oder „Erneuerer“, sollten für die Revolution von großer Bedeutung werden. Sie versuchten ihr muslimisches Erbe im Licht der russischen Eroberung neu zu interpretieren.

Die Dschadiden formulierten eine harsche Kritik an der mittelasiatischen Gesellschaft der Jahrhundertwende und machten sie verantwortlich für den „Verfall“ und die „Entartung“ ihrer Gemeinde, da sie vom „reinen“ Islam abgewichen sei. Allerdings bedeutete der „reine“ Islam für die Dschadiden eine rationalistische Interpretation der religiösen Schriften, was modernes Wissen, das die Nationen mächtig und reich machte, voraussetzte. Ihre Vordenker waren gleichzeitig fasziniert vom Fortschritt und der Technologie, und sie waren bemüht, ihre Gesellschaft auf den Pfad des Islams zu führen. Diese antifeudalen Mittelschichtintellektuellen wollten Religion aus dem Unterricht entfernen und Frauen eine viel aktivere Rolle in der Gesellschaft zuweisen. [20]

Die Dschadiden orientierten sich deshalb am „fortschrittlichen“ und modernen Westen und lehnten sich gegen die islamische Geistlichkeit auf, die ihrer Auffassung nach die muslimische Gesellschaft zurückhielt. Sie identifizierten sich mit dem russischen Liberalismus und begrüßten folglich 1914 den Krieg gegen den Zarismus. Als jedoch die Leichenberge anwuchsen, wandten sich die Dschadiden von ihrem früheren Ideal ab. Ein weiterer Schlag kam 1918, als Trotzki die Geheimabkommen zu den Plänen des westlichen Imperialismus veröffentlichte, das Osmanische Reich unter sich aufzuteilen.

Inzwischen nannten sich die Dschadiden „Jungbucharier“, in Anlehnung an die Jungtürken, die die türkische Revolution von 1908 angeführt hatten (Buchara war ein Religions- und Kulturzentrum in Mittelasien). Abdurauf Fitrat, der einflussreichste Dschadid jener Zeit, schrieb im Jahr 1919, die Pflicht zur Vertreibung der Engländer aus Indien sei „ebenso groß, wie die Seiten des Korans vor dem Zertrampeln durch ein Tier zu bewahren … eine Aufgabe so groß wie die Vertreibung eines Schweins aus einer Moschee“. Der Bolschewismus wurde zu einer anziehenden Alternative für viele Dschadiden, die „in die vom Sowjetregime aufgebauten neuen Organe der Regierung strömten“. [21] Das Muslimische Kommissariat in Moskau hatte die Oberaufsicht über Russlands Politik gegenüber dem Islam; kaum als Kommunisten beleumundete Muslime erhielten führende Positionen in der Organisation. [22]

Die Dschadiden waren nicht die einzigen Muslime des einstigen Zarenreiches, die sich vom Bolschewismus angezogen fühlten. Es gab breite Diskussionen unter Muslimen über die Ähnlichkeit islamischer Werte mit sozialistischen Prinzipien. Anhänger des „islamischen Sozialismus“ appellierten an Muslime, Sowjets zu bilden. Volkstümliche Parolen lauteten: „Religion, Freiheit und nationale Unabhängigkeit!“ und „Lang lebe die Sowjetmacht, lang lebe die Scharia!“ [23]

Einen Einblick in die Einstellungen jener Zeit gibt Mohammed Barkatullah, zunächst Professor in Japan, dann ab 1919 Berater der afghanischen Monarchie, die sich für den Krieg gegen die Briten rüstete. Barkatullah bereiste weite Teile Mittelasiens (damals als Turkestan bezeichnet) und verbreitete seine Schrift „Bolschewismus und die islamische politische Welt“. Ein Exemplar fiel dem britischen Geheimdienst in Indien in die Hände, der es aus dem Persischen übersetzte. Es lohnt sich, etwas ausführlicher daraus zu zitieren:

Nach der langen dunklen Nacht der zaristischen Selbstherrschaft geht die Morgendämmerung der menschlichen Freiheit am russischen Horizont auf, und Lenin ist die Sonne, die diesen glücklichen Menschheitstagen Licht und Glanz spendet … Die Verwaltung der ausgedehnten Gebiete Russlands und Turkestans ist in die Hände der Arbeiter, Bauern und Soldaten gelegt worden. Unterscheidungen nach Rasse, Religion und Klasse sind aufgehoben … Aber der Feind dieser reinen, einzigartigen Republik ist der britische Imperialismus, der darauf hofft, die asiatischen Nationen im Zustand ewiger Knechtschaft zu halten. Er hat Truppen nach Turkestan verlegt, um den jungen Baum vollkommener menschlicher Freiheit zu fällen, in dem Moment, da er Wurzeln schlägt und kräftig wird. Die Zeit ist für die Mohammedaner der Welt und die asiatischen Nationen gekommen, die hochherzigen Prinzipien des russischen Sozialismus zu verstehen und sie ernsthaft und mit Begeisterung anzunehmen. Es ist ihre Aufgabe, die Kardinaltugenden, wie sie von diesem neuen System gelehrt werden, zu ergründen und zu erfassen, und zur Verteidigung der wahren Freiheit sollten sie sich den bolschewistischen Truppen anschließen, um die Angriffe der Usurpatoren und Despoten, der Briten, zurückzuschlagen. Sie sollten unverzüglich ihre Kinder in russische Schulen schicken, damit sie die modernen Wissenschaften, die edlen Künste, angewandte Physik, Chemie, Mechanik und so weiter erlernen. Oh Muslime! Hört auf diese heilige Verkündung! Antwortet dem Ruf der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, den der Bruder Lenin und die Sowjetregierung an euch richten!“ [24]


Muslime und Sowjets
Religionsfreiheit war für die unterdrückten Völker der ehemaligen russischen Kolonien ein wesentlicher Bestandteil der nationalen Freiheit. Das Ziel der bolschewistischen Politik bestand darin, so weit wie möglich Wiedergutmachung für die Verbrechen des Zarismus an nationalen Minderheiten und ihren Religionen zu leisten. Dabei ging es nicht nur um eine Frage einfacher Gerechtigkeit und grundlegender Demokratie, sondern auch darum, dass auf diese Weise die Klassenunterschiede unter den Muslimen in den Vordergrund rücken konnten. Nationale Autonomie und Unabhängigkeit von Russland wurden so zu einem entscheidenden Bestandteil sowjetischer Politik. In einer Erklärung der jungen Sowjetregierung „an alle werktätigen Mohammedaner Russlands und des Ostens“ vom 24. November 1917 hieß es:

„Muslime Russlands … ihr, deren Moscheen und Gebetshäuser von den Zaren und Unterdrückern Russlands verwüstet wurden, deren Überzeugungen und Sitten mit Füßen getreten wurden: Euer Glaube und eure Sitten, eure nationalen und kulturellen Einrichtungen sind für immer frei und unantastbar. Wisset, dass eure Rechte wie die aller Völker Russlands unter dem mächtigen Schutz der Revolution stehen …

Ein umfangreiches Programm mit dem Titel „korenisatsia“ oder „Indigenisierung“ wurde aufgelegt, das heute als „positive Diskriminierung“ bezeichnet würde. Als Erstes wurden die russischen und kosakischen Kolonisten und ihre Ideologen in der russisch-orthodoxen Kirche kaltgestellt. Die Vorrangstellung der russischen Sprache wurde aufgehoben, und in den Schulen, Regierungen und Verlagen durften wieder Regionalsprachen benutzt werden. Einheimische nahmen führende Positionen im Staat und den kommunistischen Parteien ein und wurden bei Stellenbesetzungen vor den Russen bevorzugt. Universitäten wurden eingerichtet, um eine neue Generation nichtrussischer Führer auszubilden. [25]

Heilige islamische Denkmale, Bücher und Gegenstände, die von den Zaren geraubt worden waren, wurden an die Moscheen zurückgegeben: Der Heilige Koran von Oman wurde im Dezember 1917 in Petrograd feierlich einem muslimischen Kongress überreicht. [26] Der Freitag wurde als Tag der muslimischen Religionsfeiern zum offiziellen Feiertag in ganz Mittelasien. [27]

Die Einführung des Schariagesetzes hatte während der Februarrevolution von 1917 zu den Kernforderungen der Muslime gehört. Und als sich der Bürgerkrieg 1920/21 dem Ende näherte, wurde in Mittelasien und dem Kaukasus ein paralleles Rechtssystem geschaffen, in dem die islamischen Gerichte in Übereinstimmung mit den Schariagesetzen neben den sowjetischen Rechtsinstitutionen Recht sprachen. Die Menschen sollten die Wahl zwischen religiöser und revolutionärer Gerichtsbarkeit haben. Eine Schariakommission wurde im sowjetischen Justizkommissariat als Oberaufsicht eingerichtet. Im Jahr 1921 wurde regionalen Abteilungen der Sowjetregierung eine Reihe von Ausschüssen beigeordnet, um die russische Gesetzgebung den Verhältnissen in Mittelasien anzupassen, wodurch Kompromisse zwischen den beiden Systemen zum Beispiel in der Frage der Heirat Minderjähriger oder der Polygamie ermöglicht wurden.

Einige Schariastrafen wie das Steinigen oder Handabschlagen wurden verboten. Entsprechende Entscheidungen eines Schariahgerichts mussten durch höhere Justizorgane bestätigt werden. Einige Schariagerichte setzten sich über das sowjetische Recht hinweg und weigerten sich, auf Antrag einer Ehefrau die Scheidung auszusprechen, oder setzten die Zeugenaussage von zwei Frauen mit der eines Mannes gleich. Im Dezember 1922 wurde deshalb ein Dekret erlassen, das die Berufung an sowjetischen Gerichten auf Antrag einer der Streitparteien ermöglichte. Trotzdem wurden 30 bis 50 Prozent der Gerichtsfälle von Schariagerichten behandelt, in Tschetschenien sogar 80 Prozent. Außerdem war das System keine Einbahnstraße: Es gab Fälle, wo Sowjetbeamte vom Schariagesetz beeinflusst wurden und Männer bestraften, die Alkohol getrunken oder ein Haus mit einer unverschleierten Frau betreten hatten. [28]

Ein parallellaufendes Bildungssystem wurde ebenfalls eingerichtet. Im Jahr 1922 wurden die Ansprüche auf bestimmtes islamisches Besitztum (waqf = fromme Stiftung) der muslimischen Verwaltung unter der Bedingung übertragen, dass es für Bildung verwendet werde. Als Folge entstand ein ausgedehntes System von Madrassen, religiösen Schulen. Im Jahr 1925 gab es 1.500 Madrassen mit 45.000 Schülern im kaukasischen Staat Dagestan, im Gegensatz zu gerade einmal 183 Staatsschulen. Im November 1921 gab es in Mittelasien über 1.000 sowjetische Schulen, verglichen mit der potenziellen Schülerzahl nahmen sich die 85.000 Schüler allerdings bescheiden aus. [29]

Als Folge der bolschewistischen Politik spaltete sich die islamische Bewegung in rechts und links. Die Historiker scheinen übereinzustimmen, dass sich die meisten muslimischen Führer bedingt für den Arbeiterstaat aussprachen, weil sie davon überzeugt waren, dass ihnen die Sowjetmacht am ehesten Religionsfreiheit gewähren würde. [30] Den Bolschewiki gelang es deshalb, Bündnisse mit der kasachischen panislamischen Gruppe Usch-Schus (die 1920 der kommunistischen Partei beitrat) zu schließen, mit den persischen panislamischen Guerillas innerhalb der Dschengelis, und mit den Waisiten, einer mystischen Sufibruderschaft. In Dagestan konnte die Sowjetmacht vor allem dank der Partisanen des Muslimführers Ali-Hadschi Akuschinski errichtet werden. In Tschetschenien konnten die Bolschewiki Ali Mataew für sich gewinnen, das Oberhaupt eines mächtigen Sufiordens, der das Tschetschenische Revolutionskomitee leitete. [31]

Für den Kampf in Mittelasien setzte Moskau nichtrussische Truppen ein, vielfach bestehend aus Muslimen. [32] Tataren, Baschkiren, Kasachen, Usbeken und turkmenische Einheiten standen hier den antibolschewistischen Invasoren gegenüber. Über 50 Prozent der Soldaten der Roten Armee an der Ostfront und der turkestanischen Front des Bürgerkriegs waren Tataren. In der Roten Armee im Kaukasus zählten die „Schariaschwadrone“ des kabardinischen Mullahs Katkachanow zehntausende von Mitgliedern. Der tatarisch-bolschewistische Führer Mir-Said Sultan Galiew schrieb: „Während des Bürgerkriegs waren Dörfer und sogar ganze Stämme von Bergvölkern zu beobachten, die an der Schlacht gegen die Truppen Bicharahows und Denikins an der Seite der Sowjetkräfte teilnahmen, einzig und allein aus religiösen Motiven: ‚Die Sowjetmacht gewährt uns größere religiöse Freiheit als die Weißen [Konterrevolutionäre]‘ erklärten sie.“ [33]

Einige Muslime zogen revolutionäre Schlussfolgerungen und traten kommunistischen Parteien bei. Trotzki stellte 1923 fest, dass in einigen Südrepubliken sogar 15 Prozent der Parteimitglieder an den Islam glaubten. Er nannte sie die „grobschlächtigen revolutionären Rekruten, die an unsere Tür hämmern“. In bestimmten Gegenden Mittelasiens bestand die kommunistische Partei aus bis zu 70 Prozent muslimischen Mitgliedern. Sie brachten Reste ihrer religiösen Sitten und ihres Glaubens mit: Mitte der 20er Jahre trugen sogar Ehefrauen hochrangiger kommunistischer Parteimitglieder in Mittelasien den Schleier. [34]

Der Historiker Adeeb Khalid stellte fest, dass nach der Gründung der Kommunistischen Partei Turkestans „allem Anschein nach Dschadiden sofort in die Partei strömten“. [35] Es hatte allerdings harter Arbeit bedurft, die russischen Chauvinisten in Mittelasien zu bekämpfen, die nach 1917 auf den revolutionären Zug aufgesprungen und unter Missbrauch der Parole „Arbeitermacht“ gegen die örtliche, überwiegend bäuerliche Bevölkerung vorgegangen waren. Zwei Jahre lang war die Region durch den Bürgerkrieg von Moskau abgeschnitten, und diese selbst ernannten „Bolschewiki“ hatten freie Hand, die einheimische Bevölkerung zu drangsalieren. Infolgedessen brach die Basmatschi-Bewegung aus – ein bewaffneter islamischer Aufstand. Lenin sprach von der „gewaltigen, gesamthistorischen“ Bedeutung, die Angelegenheit zu regeln. Im Jahr 1920 befahl er, „alle ehemaligen Mitglieder der Polizei, der Arme, der Sicherheitskräfte, Regierung und so weiter in Straflager zu verbringen, all die Geschöpfe der Zarenzeit, die die Sowjetmacht umschwärmen“. [36] Als Teil dieser Säuberung wurde in Mittelasien parteipolitisch ausschließlich von den Russen die „Aufgabe religiöser Vorurteile“ verlangt: Im Jahr 1922 wurden über 1.500 russische Mitglieder wegen ihrer orthodox-religiösen Überzeugungen aus der Partei in Turkestan ausgeschlossen, aber kein einziger Muslim. [37]


Stalins Angriff auf den Islam
Die Bemühungen der Bolschewiki, Religionsfreiheit und nationale Rechte zu garantieren, wurden ständig durch die sehr schwache Sowjetindustrie – und folglich die Schwierigkeit, grundlegende Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen – untergraben. Verzweifelte Armut drückte das Regime nieder. Bereits im Jahr 1922 musste Moskau die Subventionen für Mittelasien kürzen, und viele Staatsschulen mussten schließen. Lehrer gaben ihre Arbeit auf, weil ihnen die Gehälter nicht mehr ausgezahlt wurden. Auf diese Weise wurden gemeindefinanzierte muslimische Schulen zur einzigen Alternative: „Wer kein Brot liefern kann, wird sich hüten, den Brotersatz wegzunehmen“, sagte der Bildungskommissar Anatoli Lunatscharski. Den Schariagerichten wurden 1924 sämtliche Staatshilfen gestrichen. Allerdings hatten bereits wirtschaftliche Faktoren dazu beigetragen, dass Muslime ihre Beschwerden nicht mehr vor Gericht brachten. Wenn sich zum Beispiel ein Mädchen weigerte, eine arrangierte oder polygame Ehe einzugehen, hatte es geringe Chancen, sich selbst zu ernähren, weil es keine Arbeit gab und keine Möglichkeit, woanders zu leben. [38] In Russland selbst erlitt die Stellung der Frau auf Grund der Arbeitslosigkeit einen Rückschlag, und das Unvermögen des Staats, angemessene Mutterschaftsrechte zu gewährleisten, trieb Frauen zurück ins Heim und ließ die traditionelle Familie wieder auferstehen.

In dem Bemühen, Macht zu bündeln und die staatliche Kontrolle zu stärken, entdeckte die wachsende stalinistische Bürokratie, dass der russische Nationalismus bei Betonung der Kontinuität zwischen Stalinismus und den Zaren ein mächtiges Werkzeug sein konnte, die Arbeiter der größten nationalen Gruppierung, sprich: der russischen, an das Regime zu binden. Deshalb griff Stalin immer häufiger „nationalistische Abweichungen“ in den nichtrussischen Republiken an und förderte die Wiedergeburt des russischen Chauvinismus. Unterstützer fand er unter der großen Zahl ehemaliger zaristischer Beamter, auf die sich die Bolschewiki in der Armee und überall in Staat und Wirtschaft notgedrungen hatten stützen müssen. Im Jahr 1922 warnte Lenin, die Bolschewiki stünden kurz davor, „im Meer des großrussischen chauvinistischen Gesindels … wie eine Fliege im Milchtopf zu ertrinken“.

Vor dem Hintergrund der Erstarkung dieser Tendenzen ab Mitte der 1920er Jahre beschlossen die Stalinisten, einen Vollangriff auf den Islam einzuleiten. Unter dem Vorwand des Kampfs gegen „Kriminalität auf Grund überkommener Sitten“ stellten sie „Frauenrechte“ in den Mittelpunkt ihrer Kampagne, und in Usbekistan und Aserbaidschan vor allem das Schleiergebot. Die Parole lautete „Hudschum“, was in den Sprachen Mittelasiens so viel wie „Angriff“ oder „Sturm“ hieß. Nach zwei Jahren weitgehend unwirksamer Propaganda trat der „Hudschum“ am 8. März 1927, dem Internationalen Frauentag, in seine Massenaktionsphase. Auf Großveranstaltungen wurden Frauen aufgefordert, den Schleier abzulegen: Kleine Gruppen einheimischer Frauen sollten zur Bühne gehen und ihre Schleier in die Freudenfeuer werfen.

Der Autor einer neu erschienenen Geschichte des Hudschums weist darauf hin, dass in den Anfangsjahren der Sowjetmacht den Bolschewiki nicht im Traum der Gedanke gekommen wäre, Muslimfrauen zur Ablegung ihres Schleiers zu ermutigen – geschweige denn, sie zu zwingen:

Zusammenfassend betrachtet, waren vor 1926 die angeblich vom Schleier ausgehende gesellschaftliche Gefahr und die nachteiligen Auswirkungen bestenfalls zweitrangiger Natur. Die Parteilinie vor 1926 besagte recht eindeutig, dass dies [die Entschleierung] für die Politik von Schenotdel [der Frauenabteilung] keine wesentliche Rolle spielen sollte. Eher im Gegenteil: Viele Bolschewiki in Amtpositionen argumentierten ausdrücklich gegen die Entschleierung, weil sie verfrüht oder, schlimmer noch, eine Ablenkung sei, die lediglich den Parteiinteressen schaden würde. [39]

Der Führer der Roten Armee, Michail Frunse, erklärte im Mai 1920 den 118 Delegierten des ersten Kongresses der Turkestanischen Frauen – die alle verschleiert waren –, dass ihr Parandschi (der schwere Pferdehaarschleier, der fast bis zum Boden reicht) in den Augen der Sowjetbehörden nichts Negatives über sie oder ihre politischen Ansichten aussage. Im Bürgerkrieg würden diese Schleier sogar militärischen Zwecken dienen: Die Delegierten könnten zur Befreiung Turkestans beitragen, erklärte er, und ergänzte: „Unter dem Parandschi schlägt ein ehrenwertes Herz, unter dem Parandschi kann der Revolution ergeben gedient werden, und der Parandschi verbirgt manchmal einen mutigen Pionier der Roten Armee.“ [40] Im Jahr 1923 waren Parteiführer in Mittelasien gegen diejenigen vorgegangen, die zur Entschleierung der usbekischen Frauen aufriefen, da sie sich des „Linksabweichlertums“ schuldig gemacht hätten. Noch im August 1925 porträtierte der Hauptredner einer allusbekischen Schenotdelversammlung die Entschleierung als eindeutig unbolschewistisch, er argumentierte, die „wirtschaftliche und materielle Sicherheit von Frauen ist der entscheidende Weg zur Lösung der ‚Frauenfrage‘“. Ein Bolschewik musste sich zudem „gegen die Auffassung der Dschadiden wenden, die unter Frauenbefreiung in erster Linie das Abwerfen des Schleiers verstanden, statt der Förderung der vollständigen politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Frauen“. [41]

Dagegen stellte der Hudschum die marxistische Praxis auf den Kopf: Statt Frauen zu ermutigen, ihre Unabhängigkeit zu erweitern, indem ihnen die Möglichkeit zu Studium, Arbeit und Leben außerhalb der althergebrachten Familie geboten wurde, war der Hudschum darauf angelegt, sie mittels hartnäckiger Propaganda zu überzeugen, wobei Polygamie, Minderjährigenheirat und Brautpreis gesetzlich verboten wurden. Mit der Kampagne sollte auf einen Schlag die Umgestaltung der Sexualbeziehungen und des Familienlebens erreicht werden. Die Partei setzte auf eine Kampagne, obwohl sich in den Reihen der Partei kaum einheimische Frauen befanden, die sie hätten anführen können. Im Jahr 1926 war die Mitgliedschaft der Kommunistischen Partei Usbekistans zu 93,5 Prozent männlich; im Juli 1927 gab es nur 426 usbekische Frauen in der Partei, die weniger als ein Viertel der gesamten weiblichen Mitgliedschaft repräsentierten. Die damalige Gesamtbevölkerung in der Republik betrug 5 Millionen Menschen. [42]

Von der überwiegenden Mehrheit der einheimischen Bevölkerung wurde der Hudschum unweigerlich als von außen aufgezwungener Akt russischer Kolonisierer gesehen. Und zu alledem wählte Moskau als Anführer des Hudschums zwei russische Männer, die dafür bekannt waren, zu den „großrussischen Chauvinisten“ zu gehören, wie Lenin sie besorgt bezeichnet hatte“. [43] Bei solchen Bürokraten hatte die Sorge um muslimische Frauen wenig zu tun mit ehrenwerten Ideen von Befreiung; vielmehr machten sie sich Gedanken über die nicht ausgeschöpfte Quelle Frau als Arbeitskraft. [44] Die Kampagne fand vor dem Hintergrund tief greifender ethnischer Spannungen zwischen den Russen und der einheimischen Bevölkerung Mittelasiens statt. Der Autor einer wertvollen Geschichte des Nationalismus jener Zeit stellt fest:

Die meisten Konflikte wurden natürlich nicht mit Gewalt ausgetragen. Häufiger waren Akte symbolischer Gewalt. Angesichts der Auseinandersetzung über das Recht, die zentralasiatischen Republiken als sein Eigen zu betrachten, erhielten symbolische Fragen besonderes Gewicht … Die am häufigsten gemeldeten symbolischen Gewalttaten bestanden darin, dass Russen Muslimen Schweinefett auf die Lippen rieben oder sie zwangen, Schweinefleisch zu essen.

Der voluntaristische Irrsinn des Hudschums, eines Vorboten von Stalins Zwangskollektivierung, wurde zur Katastrophe für die Frauen und für die Kommunistische Partei. [45] Zunächst scheiterte die Abschaffung des Schleiers: Die übergroße Mehrheit der Frauen, die ihren Schleier öffentlich abgelegt hatten, legten ihn sehr schnell wieder an – eine Tatsache, die in fast allen internen Parteidokumenten zugegeben wird. Dann gab es einen Gegenschlag gegen die Kampagne, die sich in einer Welle von Angst, Feindschaft und schließlich Gewalt äußerte. Die Teilnahme an Gebeten und Versammlungen in Moscheen nahm erheblich zu, es kam zu einem weitverbreiteten Abzug muslimischer Kinder, vor allem von Mädchen, aus sowjetischen Schulen, und zu erhöhten Austritten einheimischer Jugendlicher aus dem Jungkommunistenbund. Auf den Straßen waren unverschleierte Frauen zunehmender Schikane und öffentlicher Schändung ausgesetzt. In einigen Dörfern wurden Frauen von männlichen Jugendbanden vergewaltigt, und eine wachsende Zahl wurde ermordet, nicht selten von der eigenen Verwandtschaft. Mitte 1928 erreichte die Gewalt ihren Höhepunkt. Jede Person, egal ob männlich oder weiblich, die auch nur entfernt mit der „Kulturrevolution“ identifiziert wurde, geriet ins Visier. Tausende kamen dabei um. Wenn die Mörder gefasst und bestraft wurden, wurden sie nicht selten von der örtlichen Bevölkerung als Märtyrer gefeiert. [46]

Die wichtigsten Historiker zum Thema Hudschum stimmen darin überein, dass infolge dieses Angriffs der Islam in der Sowjetunion erstarkte. Statt eines sechsmonatigen Feldzugs zur Ausrottung des Schleiers, wie ursprünglich geglaubt, brauchte die Partei Jahrzehnte, um ihr Versprechen auf Abschaffung des Parandschis zu erfüllen. Es dauerte bis in die 1950er und 1960er Jahre, bis der Schleier in Mittelasien auf den Straßen zur Seltenheit wurde. Als Usbekistan 1991 aus der UdSSR ausscherte, kam der Schleier als Symbol der nationalen Unabhängigkeit und ohne jeden Staatseingriff sehr schnell wieder in Mode. [47]


Theorie und Praxis
Wenn rechte Kritiker der Bolschewiki mit deren demokratischer Geschichte im Umgang mit Religion konfrontiert werden, beharren sie in der Regel darauf, dass Lenin lediglich Zeit schinden wollte und seine wahren Absichten verbarg, weil das Regime noch schwach war. Tatsächlich aber gab es in dieser Frage eine starke Kontinuität zwischen Lenins Schriften und seiner politischen Praxis vor der Revolution und in den anschließenden Jahren. Die kommunistischen Parteien begannen erst ab Mitte der 1920er Jahre mit dieser Tradition zu brechen, als die konterrevolutionäre Reaktion einsetzte. Zum Ende des Jahrzehnts hatten sie dem Leninismus endgültig den Rücken gekehrt.

Wäre es den Bolschewiki lediglich darum gegangen, die religiösen Minderheiten mit Tricks zur Unterstützung der Sowjetmacht zu gewinnen, dann wäre es nicht notwendig gewesen, nach Ende des Bürgerkriegs Schariagerichte und Religionsschulen zuzulassen. Die Einrichtung paralleler Rechts- und Bildungssysteme bedeutete einen erheblichen Abzug von den Mitteln des zentralen Staatsapparates, ebenso das breit angelegte Programm der „positiven Diskriminierung“, über das Einheimische bevorzugt Arbeit erhielten, die kyrillische Schriftsprache aufgegeben, russische Kolonisten umgesiedelt und ganze Fabriken in entfernte Regionen des ehemaligen Reichs verlagert wurden. Hätten die Bolschewiki die geheime Absicht gehegt, gegen jeden Menschen mit religiösen Auffassungen vorzugehen, dann machte es wenig Sinn, ab 1918 den religiös motivierten Pazifisten das Recht zur Wehrdienstverweigerung einzuräumen.

Das heißt nicht, dass es unter den Bolschewiki keine Auseinandersetzungen über ihre Haltung zur Religion gab, was sich eng verband mit Debatten über die nationale Frage. Viele Bolschewiki, auch Mitglieder der Führung, waren mit Lenin und Trotzki nicht einverstanden, setzten sich in den Anfangsjahren jedoch nicht durch. Diese Genossen machten keinen Unterschied zwischen dem Nationalismus des Unterdrückers und dem der Unterdrückten, oder der Religion des Unterdrückers und der der Unterdrückten. Ihnen galt jede Religion als Feind. Sehr früh begriff Lenin, dass diese abstrakte Opposition gegen nationale und religiöse Rechte leicht in das Fahrwasser eines wieder auflebenden russischen Chauvinismus geraten konnte.

Die Meinungsverschiedenheiten spitzten sich zu, nachdem Lenin und Stalin sich über die nationale Frage entzweiten. In diesem Streit ging es um entscheidende politische Prinzipien [48] und er wurde auf einer geschlossenen Versammlung führender Bolschewiki der äußeren Republiken in Moskau im Juni 1923 bis ins Kleinste ausgefochten. Das Thema Religion, vor allem der Islam, zog sich wie ein roter Faden durch die Diskussion. Immer wieder verbanden die Ultralinken, die Ordschonikidse unterstützten (der wiederum Stalins Position vertrat), ihren Angriff auf Lenins Nationalitätenpolitik mit Kritik an der „liberalen“ Haltung der Partei zur Religion. Zum Beispiel griff der Krimtatare Firdjews den turkestanischen Führer Chodschanow an, weil dieser davon sprach, eine „lebendige Moschee“ in Mittelasien neben den Dschadiden schaffen zu wollen. Und er griff die an kommunistische Beamte im Osten gerichtete Forderung der Bolschewiki nach Erlernen der Regionalsprachen als „neue Form der Unterdrückung“ der nationalen Mehrheit – also der Russen – an. [49]

In Chodschanows Rede wurde sehr deutlich, wie auch er von der Idee beeinflusst war, dass die Verkündigungen der Partei zur nationalen Frage lediglich „außenpolitische Spiele“ seien und nicht eine Frage des Prinzips. Die stenografische Mitschrift zeigt, dass Trotzki ihn an diesem Punkt sofort unterbrach, um die Sache richtig zu stellen. Dennoch zeigen Chodschanows Bemerkungen zur Religionspolitik in Turkestan nach wie vor die Bemühungen der Partei, Lenins Taktik anzuwenden:

Mit der Hilfe der liberalen Dschadiden beginnt eine lebendige Moschee zu erstehen. Der konkrete Kampf mit den klerikalen Elementen, den Ulemas [Religionsoberhäuptern], sollte sich in einem Kampf zur Einführung der Institution der kasii [oder Kadis – islamische Richter] ausdrücken. Dabei sollten unsere Dschadiden mit dafür sorgen, dass diese Posten durch Liberale und nicht durch Geistliche besetzt werden. Wir müssen die Einrichtung der offiziellen Volkskadis unter der kirgisischen Bevölkerung von Fergana fördern und Einfluss gewinnen, indem wir uns auf die linkeren Elemente stützen. Dann stellt sich noch die Frage, wie das waqf-Eigentum verwaltet werden soll. In diesen Fragen sind wir auf ein Bündnis mit linken Kräften der nicht parteigebundenen Intelligenz angewiesen, also mit den Liberalen. [50]

Auch Achundow aus Aserbaidschan sprach von einer Kampagne zur Diskreditierung der konservativen islamischen Eliten, indem „die mehr oder weniger liberalen Mullahs“ davon überzeugt werden sollten, während des Ramadans einen Appell zu verfassen, den Opfern der Hungersnot im Osten zu helfen, statt das Geld wie üblich an die religiöse Hierarchie fließen zu lassen. Auf diese Weise hofften die aserbaidschanischen Kommunisten, Chodschanows „lebendige Moschee“ abspalten und der Kontrolle der traditionalistischen islamischen Führer entziehen zu können. [51] Elderchanow aus Tschetschenien verwies seinerseits auf die verheerenden Konsequenzen, wenn religiöse und nationale Gefühle verletzt würden: „Zuckersüße Reden und ein Lächeln für die Arbeiter, während den Mullahs an den Bärten gezupft und die Steuern mit vorgehaltenem Bajonett eingetrieben wurden, weshalb nur 5 oder 6 Prozent des selbst gesteckten Ziels erreicht wurde; maßlose militärische Methoden, unter denen die friedliche Bevölkerung litt, während die Banditen in die Hügel flüchteten – all dies führte am Ende zur Feindschaft gegenüber der Sowjetmacht.“ [52]

Als Nachhall der rechten Kritik an der Politik der Bolschewiki behaupten heute einige Linke, die Bolschewiki hätten lediglich Zugeständnisse an nationale und religiöse Gefühle gemacht und seien wegen der besonderen Anforderungen des Bürgerkriegs von ihren marxistischen Prinzipien abgerückt. [53] Die geschichtlichen Dokumente beweisen eindeutig, dass dies in Bezug auf Lenin und Trotzki nicht stimmt, und die Bolschewiki, die nicht ihrer Meinung waren, stellten sich in dieser Auseinandersetzung auf die Seite Stalins. Noch wichtiger dabei ist, dass bei dieser nicht durchdachten Annahme, wonach die Bolschewiki ihre Prinzipien aufgegeben hätten, weil sie vorübergehend die Unterstützung auch von nicht mit ihnen übereinstimmenden Leuten brauchten, im Kern die Möglichkeit der Bildung von Einheitsfronten ausgeschlossen ist. In einer Einheitsfront sind Revolutionäre bereit, für eine bestimmte Sache zu kämpfen, unabhängig von darüber hinausgehenden Meinungsverschiedenheiten mit ihren Verbündeten, während sie gleichzeitig auf dem Recht auf unabhängige Organisation und unabhängige Politik bestehen. Die Vorstellung von einer Einheitsfront ausschließlich mit Menschen, die mit einem übereinstimmen – aus Angst vor der Aufgabe marxistischer Prinzipien – ist Kindergartenmaterialismus. [54]

Die Unterstützung der Bolschewiki für nationale Rechte war kein Blankoscheck für Abspaltung. Lenin formulierte die Notwendigkeit, die Politik an den konkreten Verhältnissen auszurichten, um die Einheit der Arbeiter unterschiedlicher Nationalitäten im Kampf gegen ihre eigene herrschende Klasse so stark wie möglich zu machen. In seinen Schriften über die nationale Frage schenkte Lenin der Religion nur wenig Beachtung. Wir dürfen aber als Ursache annehmen, dass Religionsfreiheit so offensichtlich eine wesentliche Forderung nationaler Bewegungen unter dem Zarismus war. [55]

Kurzgefasst lautete seine Haltung wie folgt: Kampf gegen jede religiöse Unterdrückung – unbedingt ja. Kampf für jede religiöse Entwicklung, für die „religiöse Kultur“ schlechthin – unbedingt nein. [56] Ob Marxisten aktiv die Forderung nach Religionsfreiheit aufgreifen, hängt von den konkreten Umständen ab, nicht von abstrakten Parolen. [57] Die scheinbare Toleranz der Bolschewiki gegenüber dem Schariagesetz war eine Anerkennung der Tatsache, dass der islamische Konservativismus nur dann zurückgedrängt werden konnte, wenn mit der großrussischen chauvinistischen Politik gebrochen wurde. Nur dann konnten die religiösen Eliten nicht mehr so leicht Menschen klassenübergreifend um die Moschee scharen, und die Klassenspaltungen in der muslimischen Gesellschaft könnten zu Tage treten.

Es gab häufig Differenzen zwischen der Politik, wie sie in Moskau von der bolschewistischen Führung verabschiedet worden war, und der Politik unerfahrener Genossen in entfernten Gegenden, wo der Chauvinismus unter Russen oder ultralinke Einstellungen unter einheimischen Aktivisten ständig Probleme bereiteten. [58] Den Mullahs an den Bärten zu zupfen entsprach ebenso wenig der Moskauer Politik wie die Verurteilung eines Manns durch ein sowjetisches Gericht, weil er Alkohol getrunken hatte. Aber religiöse Freiheit hieß nicht, kleinen Gruppen von frömmelnden Heuchlern das Recht einzuräumen, im Namen der Religion nach Belieben zu verfahren: Deshalb waren den extremeren Interpretationen des Schariagesetzes Beschränkungen auferlegt. Frauen von Schenotdel mussten mit ihrem Leben bezahlen, als sie versuchten, den weit verbreiteten abstoßenden Sexismus in isolierten islamischen Gemeinden zu bekämpfen.

Auf dem Kongress der Völker des Ostens in Baku im September 1920 riefen Sinowjew und Radek zu einem „heiligen Krieg“ (gasawat) gegen den westlichen Imperialismus auf. Ob diese Losung opportunistisch war, lässt sich nur beurteilen, wenn die damaligen politischen Umstände berücksichtigt werden. Die Bolschewistische Partei litt in dieser Zeit unter einem starken ultralinken Einschlag und chauvinistischer Infiltration in den ehemaligen Kolonien. Die Führung versuchte auch eine Sprache zu benutzen, die von Millionen verstanden wurde. Wer Menschen zum Kämpfen und Sterben für die Sowjetmacht auffordert und weiß, dass viele diese Entscheidung unter religiösen Vorzeichen treffen, kann kaum so tun, als ob dieser Krieg nicht zumindest teilweise für diese Menschen ein Religionskrieg ist. Gleichzeitig betonten Sinowjew und Radek wiederholt, dass dieser Krieg auch ein Klassenkrieg sei, in dem auch die reaktionären Mullahs bekämpft werden müssten: „So manches Mal habt ihr von euren Regierungen den Ruf zum heiligen Krieg vernommen, so manches Mal seid ihr unter dem grünen Banner des Propheten ausgezogen, aber alle diese heiligen Kriege waren nichts als Lug und Trug, sie dienten nur den Interessen eurer eigennützigen Herrscher. Ihr Bauern und Arbeiter aber bliebt auch nach diesen Kriegen in Sklaverei und Elend … Wir rufen euch zum heiligen Kriege für euer eigenes Wohl, für eure Freiheit, euer Leben!“ [59]

Als konservative Muslime sich den konterrevolutionären Kräften anschlossen, die das sowjetische Regime angriffen, wurde kein Federlesens gemacht. Der Imam Nadschmuddin Gotsinski führte im September 1920 einen bewaffneten Aufstand gegen die Bolschewiki in Dagestan an. Seine Einstellung entsprach der seines Vorgängers, Udschun Hadsch: „Ich flechte einen Strick, um daran Ingenieure, Studenten und all die aufzuknüpfen, die von links nach rechts schreiben“ (gemeint ist in lateinischer oder kyrillischer Schrift). Der Aufstand konnte erst nach großem Blutvergießen und nach der Gefangennahme Gotsinskis 1925 niedergeschlagen werden. [60]


Schlussfolgerungen
Unter Lenin und Trotzki stand die bolschewistische Führung zu ihrem marxistischen Verständnis, wonach die revolutionäre Partei vor allem in Worten, nicht aber in Taten atheistisch sein müsse. Dagegen hatte der Staat nichtreligiös, aber nicht antireligiös zu sein. Religionsgemeinschaften wurden mit der Revolution beachtliche Freiheiten gewährt, hingegen wurde der Handlungsfreiraum für die Religion des Zarenreiches wegen ihrer engen Bindung an die ehemalige herrschende Klasse am ehesten beschränkt. Gläubige, einschließlich der Muslime, die sich selbst als Revolutionäre betrachteten, wurden gerne in die bolschewistischen Reihen aufgenommen. Nichtkommunistische Gläubige, die die Revolution unterstützten, besetzten Führungspositionen im Staatsapparat. Einige wichtige muslimische Organisationen traten als Verband den kommunistischen Parteien bei oder kamen den Bolschewiki bei der Verteidigung der Revolution zu Hilfe.

Die Forderung von Muslimen nach Religionsfreiheit war untrennbar verflochten mit der Forderung nach nationalen Rechten. Die Bolschewiki kämpften an der Seite der Muslime, um den zaristischen und russischen Kolonialisten diese Rechte abzuringen, ebenso wie den kommunistischen Ultralinken. Für diese Rechte wurde als Teil der Revolution gekämpft und sie wurden im Rahmen der Revolution gewonnen – nicht als Zugeständnis eines antireligiösen Regimes, das nur darauf wartet, über Gläubige herzufallen. Die Angriffe auf diese Rechte gingen von den russischen Chauvinisten des früheren Regimes aus, unter denen sich viele Militaristen befanden, die nach dem Bürgerkrieg in den Staatsapparat strömten und nach und nach in Stalin den Führer der Konterrevolution sahen. Diese Elemente wurden allerdings gestärkt durch starke ultralinke Strömungen unter den Bolschewiki selbst, die Lenins Herangehensweise ablehnten und nur Verachtung für nationale oder religiöse Rechte empfanden. (Die meisten dieser Genossen kamen später durch das Stalinregime um.)

Der islamische Schleier war für die Bolschewiki unter Lenin kein Thema. Der Hauptangriff auf den Schleier wurde 1927 von den russischen Chauvinisten und Stalinisten geführt. Es war ein beängstigender Vorbote der Zwangskollektivierung einige Jahre später. Zwangsentschleierung war eine stalinistische Politik, die den Leninismus auf den Kopf stellte. Wenn Sozialisten heute also für das Recht muslimischer Frauen in Europa eintreten, den Hidschab zu tragen, wenn sie zusammen mit Muslimen gegen die Besatzung des Iraks, Palästinas und Afghanistans demonstrieren, wenn sie das Recht von Muslimen verteidigen, gegen diese Besatzung auch gewaltsamen Widerstand zu leisten, und wenn sie mit Muslimen in Einheitsfrontbündnissen wie der neuen Linkspartei Respect zusammenarbeiten, dann halten sie eine Tradition hoch, die auf Lenin und Trotzki zurückgeht.



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Footnotes
1. Nach den Juli-Ereignissen schrieb Yasmin Alibhai Brown über das „schiere amoralische Übel“ der „sich selbst hassenden Psychoperversen“, „Islamfaschisten und Killern“ mit „irren Augen“ (Let Us Not Grace these Bombers with a Cause [Zeichnen wir diese Bombenattentäter nicht auch noch mit einem Grund für ihre Taten aus], Independent, 11. Juli 2005). Polly Toynbee warf der SWP vor, Mitläufer eines „primitiven islamischen Extremismus“ zu sein (In the Name of God, Guardian, 22. Juli 2005); und Nick Cohen, der immer eine Beschimpfung parat hat, sagte, die liberale Linke sei „Mitläufer einer psychopatischen extremen Rechten geworden“ (I Still Fight Oppression [Ich kämpfe weiterhin gegen Unterdrückung], Observer, 7. August 2005).

2. Marxists and Religion: Yesterday and Today, in: International Viewpoint, März 2005, und über www.marxsite.com/Marxism%20and%20Religion.pdf.

3. Der Nahe Osten im Spiegel des Marxismus, Rede auf „Marxism“, dem jährlichen Kongress der Socialist Workers Party in London, Juli 2004. Achcar erklärte dort, dass Christentum und Islam sehr unterschiedlichen Ursprungs seien – Ersteres sei aus einer verfolgten Sekte heraus entstanden, der Islam dagegen von einer Gruppierung begründet, die sich sehr schnell zum Beherrscher eines mächtigen Reiches aufgeschwungen habe, weshalb der Koran sich linker Interpretation entziehe: „Es dürfte äußerst schwierig sein, irgendeine Stelle im Koran aus linker, radikaler Sicht zu deuten. Deshalb sagen sie, dass Gott euch in Klassen geboren hat, weshalb gesellschaftliche Klassen natürlich sind und nicht unterdrückt werden können. Über die Frauenfrage muss ich gar nicht erst sprechen … hier führt der Koran zu einer durch und durch reaktionären Politik.“ Ein marxistischer Ansatz zur Erklärung des Islams beginnt dagegen mit den materiellen Umständen in der Gesellschaft, nicht mit Schriften wie dem Koran.

4. Building on the Success of the London ESF, International Socialist Tendency (IST) Discussion Bulletin, London, Januar 2005.

5. W.I. Lenin, Sozialismus und Religion, in: Lenin, Werke, Bd.10, Berlin 1982, S.74.

6. Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, in: Marx/Engels, Werke, Bd.1, Berlin 1988, S.378.

7. Über das Verhältnis der Arbeiterpartei zur Religion, Lenin, Werke, Bd.15, S.408, 411.

8. Leo Trotzki, Mein Leben, Frankfurt am Main 1981, S.102.

9. Tony Cliff, Lenin, Bd.1: Building the Party, London 1986, S.84-86.

10. Ebd., S.157-158.

11. William B. Husband, Godless Communists: Atheism and Society in Soviet Russia, 1917-1932, Illinois 2000, S.54-57.

12. Paul D. Steeves, Keeping the Faiths: Religion and Ideology in the Soviet Union, New Jersey 1991, S.85/86. www.stetson.edu/artsci/russian/keepingthefaiths02.html.

Mit der Machtkonsolidierung Stalins wurden im April 1929 all diese Aktivitäten, die das Wachsen der protestantisch-evangelikalen Bewegung so gefördert hatten, verboten.

13. Russian Baptists and the Military Question, 1918-1929“, in: Peter Brock und Thomas P. Socknat (Hg.), Challenge to Mars: Essays on Pacifism from 1918 to 1945, Toronto 1999, S.21-40.

14. Lenin, Werke, Bd.28, Berlin 1980, S.176.

15. Zit. n. Steeves, a.a.O.

16. Husband, a.a.O., S.58/59.

17. Siehe Husband, ebd., S.59-66. Nach Artikel 17 des Gesetzes „zu religiösen Vereinigungen“: „Religionsgemeinschaften sind folgende Aktivitäten untersagt: a) die Schaffung von Hilfsfonds, Kooperativen, industriellen Vereinigungen und allgemein die Verwendung des ihnen zur Verfügung gestellten Eigentums für andere Zwecke als die der Befriedigung religiöser Bedürfnisse; b) materielle Hilfestellung für Mitglieder; c) das Organisieren gesonderter Kinder-, Jugend- und Frauengebets- oder anderer Veranstaltungen, oder allgemeiner Bibel-, Literatur-, Handwerks-, Arbeiter- oder Religionsstudiumstreffen, von entsprechenden Gruppen, Zirkeln, Abteilungen sowie auch das Organisieren von Ausflügen und Anlegen von Kinderspielplätzen, die Eröffnung von Bibliotheken und Lesesälen, und die Verwaltung von Pflegeheimen und Kliniken …“

18. Alexandre Bennigsen und Chantal Lemercier-Quelquejay, Islam in the Soviet Union, London 1967, S.768; Richard Pipes, The Formation of the Soviet Union, New York 1954, S.77.

19. Douglas T. Northrop, Hujum: Unveiling Campaigns and Local Responses in Uzbekistan, 1927, in: Donald J. Raleigh (Hg.), Provincial Landscapes: Local Dimensions of Soviet Power, 1917-1953, Pittsburg 2001, S.125-145.

20. Adeeb Khalid, The Politics of Muslim Cultural Reform: Jadidism in Central Asia, Berkeley 1998.

21. Adeeb Khalid, Nationalizing the Revolution in Central Asia: The Transformation of Jadidsm, 1917-1920, in: Terry Martin und Ronald G. Suny, A State of Nations: Empire and Nation Making in the Age of Lenin and Stalin, Oxford 2001.

22. Jeremy Smith, The Bolsheviks and the National Question, 1917-1923, London 1999, S.131.

23. F.M. Mukhametshii, Musul’mane Rossii, Moskau 2001, S.48/49.

24. Diese Arbeit wird in Khalid erwähnt, Nationalizing, a.a.O. Ich bin Irina Lester dankbar, dass sie für mich den vollständigen Text aus den Eingeweiden der British Library hervorgezaubert hat.

25. Einzelheiten siehe in: The Seeds of National Liberation, International Socialism 94, London 2002, S.115-142. Siehe auch mein Aufsatz Lewje i prawa malych narodow“, Swobodnaja Mysl“-XXI, Nr.7, 2004, www.postindustrial.net.

26. Abdurahman Avtorkhanov, Imperija Kremlija, Vilnius 1988, S.99.

27. Alexander G. Park, Bolshevism in Turkestan, 1917-1927, New York 1957, S.214.

28. Dieser und der vorhergehende Absatz stützen sich auf Park, ebd., S.229–234; F.M. Mukhametshii, a.a.O., S.45–48; Vladimir Olegovich Bobrovnikov, Musul’mane Sewernowo Kawkasa, Moskau 2002, S.217–234; Northrop, Veiled Empire: Gender and Power in Soviet Central Asia, New York 2004, S.77-78, 274-275; Gregory J. Massell, The Surrogate Proletariat: Moslem Women and Revolutionary Strategies in Soviet Central Asia: 1919-1927, Princeton 1974, S.202-203.

29. Marie Bennigsen Broxup, Russia and the North Caucasus, in: Marie Bennigsen Broxup (Hg.), The North Caucasus Barrier: The Russian Advance Towards the Muslim World, London 1992, S.7; Terry Martin, The Affirmative Action Empire: Nations and Nationalism in the Soviet Union, 1923-1939, New York 2001, S.130; Park, ebd., S.242-243.

30. Massell, a.a.O.; Alexandre Benningsen und S. Enders Wimbush, Muslim National Communism in the Soviet Union: A Revolutionary Strategy for the Colonial World, Chicago 1979; Khalid, The Politics, a.a.O.

31. Bennigsen und Wimbush, a.a.O., S.222-223; Bobrovnikov, a.a.O., S.218; Bennigsen Broxup, a.a.O., S.6; Avtorkhanov, a.a.O., S.99.

32. Es muss festgehalten werden, dass in einem großen Teil der Literatur über die Anfangsjahre der bolschewistischen Herrschaft und in der bolschewistischen Literatur selbst das Wort „Muslim“ verkürzt für Nationalität oder Geografie verwendet wird, nicht als Beschreibung für Anhänger einer Religion: Selbst Trotzki spricht vom „muslimischen Nationalismus“ (Wospitanije molodeschi i natsionalnji wopros, Prawda, 1. Mai 1923). Darin spiegeln sich Vorstellungen jener Zeit, aber auch die Neuheit von Nationalstaaten in Mittelasien. Das Buch von Bennigsen und Wimbush wird durch diese Konfusion erheblich beeinträchtigt.

33. Mir-Said Sultan Galiev, The Tartars and the October Revolution and The Methods of Antireligious Propaganda Among Muslims (1921), beide nachgedruckt in Bennigsen und Wimbush, a.a.O., S.138-157. Aus den muslimischen Gebieten Russlands gingen einige brillante kommunistische Führer hervor – wie Sultan Galiew. Als Sohn eines Lehrers trat er den Bolschewiki im November 1917 mit knapp 23 Jahren bei und wurde einige Monate später Leiter des Muslimischen Kommissariats. Er war ein Vielschreiber und begnadeter Redner. Aus der neueren Geschichte kennen wir nationale Befreiungsbewegungen der Dritten Welt, die sich „sozialistisch“ oder „marxistisch“ genannt haben: Sultan Galiew ist der intellektuelle Vater dieser Idee. (Ahmed Ben Bella aus Algerien beispielsweise beruft sich gerne mit Stolz auf ihn.) Sultan Galiew argumentierte, die nationalen Befreiungsbewegungen des Ostens seien von Natur aus antiimperialistisch, sozialistisch und revolutionär. Seine Verschmelzung von Marxismus, Nationalismus und Islam bedeutete ohne Frage eine große Abweichung vom Bolschewismus, aber er entwickelte sie unter besonderen Umständen und auf Grund der Niederlage der Russischen Revolution. Er war das erste hochrangige Opfer der wachsenden stalinistischen Bürokratie.

34. Leo Trotzki, Tasks of Communist Education, in: Problems of Everyday Life, New York, 1994, S.118; Avtorkhanov, a.a.O., S.102, Northrop, Hujum, a.a.O.

35. Khalid, The Politics, a.a.O., S.288.

36. Zit. n. Hélène Carrère d’Encausse, The Great Challenge: Nationalities and the Bolshevik State, 1971-1930, New York 1992, S.183. Bennigsen und Lemercier-Quelquejay stellen fest, dass die Sowjetregierung im Zentrum bemüht war, Muslime jeder politischen Färbung zu gewinnen, was in der Peripherie eindeutig nicht der Fall war“; Islam in the Soviet Union, a.a.O., S.83.

37. Park, a.a.O., S.209.

38. Ebd., S.242; Massell, a.a.O., S.196–198, 258-259.

39. Northrop, Veiled Empire, a.a.O., S.78.

40. Ebd., S.80-81.

41. Ebd., S.81. Vor der Revolution waren es die dschadidischen Reformer gewesen, die für die Entschleierung im Rahmen einer allgemeinen Aufwertung des Status der Frauen eingetreten waren.

42. Northrop, Hujum, a.a.O., S.129 und Fußnote 11.

43. Massell, a.a.O., S.227-228.

44. Ebd., S.165-171.

45. Bedauerlicherweise erkennt Richard Stites, einer der wichtigsten Historiker über die Frauenbefreiung in Russland, nicht, dass der Hudschum Bestandteil von Stalins „Thermidor (Konterrevolution) in der Sexualpolitik“ war. Richard Stites, The Women’s Liberation Movement in Russia: Feminism, Nihilism and Bolshewism 1860-1930, Princeton 1978, S.340.

46. Massell, a.a.O., S.275-284; Northrop, Hujum, a.a.O.

47. Northrop schreibt: „Der Feldzug gegen den Schleier stärkte gewissermaßen noch dessen Anziehungskraft, in jedem Fall nahm die Zahl der verschleierten Frauen kurzfristig zu …“; Hujum, a.a.O., S.145.

48. In International Socialism 94 bin ich näher darauf eingegangen, a.a.O.

49. Tainy Nazional’noj Politiki ZK RKP: Stenografitscheskij Ottschet Sekretnowo IV Soweschtschanija ZK RKP, 1923g (Moskau 1992), S.256/257.

50. Ebd., S.113. Sinowjew hob in seinem Schlusswort zum Ende der viertägigen Konferenz Chodschanows Rede lobend hervor (S.223).

51. Ebd., S.163–163.

52. Ebd., S.197.

53. Siehe zum Beispiel Hannah Sells Artikel Islam and Socialism, in: Socialism Today, Nr.87, London, Oktober 2004, oder die deutlich schwächeren Artikel von Gerry Byrne in Solidarity, Nr.46, 47, 48 und 50, London 2004.

54. „Hinter dieser anscheinend revolutionär motivierten Angst vor einer ‚Annäherung‘ lauert die politische Passivität … eine Illusion von einem ernsthaften politischen Kampf.“ (Leo Trotzki, On the United Front, in: The First Five Years of the Communist International, Bd.2, New York 1974, S.96.

55. Beispielsweise erwähnt Lenin den Kampf der polnischen Bauern „für die Nationalität, die Religion, für die ‚polnische‘ Erde“ (Über das Selbstbestimmungsrecht der Nationen, in: Lenin, Werke, Bd.20, Berlin 1984, S.459, Fn.) und den Drang des Frühkapitalismus, Gebiete in einen Nationalstaat zu pressen, indem „alle alten, mittelalterlichen, ständischen, englokalen, kleinnationalen, konfessionellen und sonstigen Schranken“ niedergerissen werden (Kritische Bemerkungen zur nationalen Frage, ebd., S.31). Trotzki sprach vom „muslimischen Nationalismus“ (siehe Fn.31).

56. In Anlehnung an Lenin, Kritische Bemerkungen zur nationalen Frage; ebd., S.20.

57. Siehe beispielsweise die Debatte über konfessionelle Schulen zwischen Nick Grant und Ger Francis im Vorkonferenzbulletin der Socialist Workers Party, Nr.2 und 3, London 2005.

58. Siehe Fußnote 35.

59. „Aufruf des Kongresses der Ostvölker“, in: Die Kommunistische Internationale. Organ des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale, Nr.15, nachgedruckt in: Der Kongress der Völker des Ostens in Baku (1920), Arbeitsgruppe Marxismus, Wien 2004. Der Kongress war von allerlei Problemen geplagt, auf die ich hier aber nicht eingehen kann. Im Jahr 1922 korrigierte der 4. Kongress der Kommunistischen Internationale seine auf dem 2. Kongress angenommene Politik und billigte vorübergehende Bündnisse mit panislamischen Organisationen gegen den Imperialismus; Edward Hallett Carr, The Bolshevik Revolution 1917-1923, Bd.3, London 1971, S.476.

60. Bennigsen Broxup, The Last Ghazawat: The 1920-1921 Uprising, in: The North Caucasus Barrier, a.a.O., S. 112-145. Nach Bennigsen Broxups Darstellung ist zu vermuten, dass die ultralinke Politik örtlicher Bolschewiki Gotsinskis Aufstand noch zusätzlich anfachte.